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Artikel zum achzigsten Geburtstag

Die Erwachsenen sind verrückt

Ein ungehaltener Satiriker: zum 80. Geburtstag des ewigen Bestsellers Ephraim Kishon
Von Katrin Hillgruber (Tagesspiegel)

 

Ephraim Kishon

Wer kennt sie nicht: Freund Jossele, »die beste Ehefrau von allen«, den Theaterkritiker Kunstetter, der vergeblich gegen eine missratene Leberwurst klagt, oder auch den Presslufthammer-Narr Blaumilch, der mitten in Tel Aviv eine Straße aufreißt und damit die Stadt zu aberwitzigen Verwaltungsakten treibt, die schließlich in der Genehmigung des »Blaumilchkanals« gipfeln.

Ephraim Kishons satirisches Stammpersonal ist seit den sechziger Jahren fester Bestandteil des (west-)deutschen Kulturguts, woran die Übersetzungen von Friedrich Torberg, dem Erfinder der »Tante Jolesch«, maßgeblichen Anteil hatten. Als Wiener besaß er das Sensorium für Kishons mitteleuropäischen Humor, den dieser in die orientalische Szenerie Israels verpflanzte. »Lieben Sie Kishon?« fragte die ARD 1976 in zwanzig Folgen. Wie Heinz Sielmann und Bernhard Grzimek durch das Fernsehen zu Instanzen für die Erläuterung der Fauna wurden, nahm Kishon - neben Loriot - diese Funktion bei der Analyse des Bestiarium Humanum ein.

Kishons »Familiengeschichten« ist nach der Bibel das meistverkaufte hebräische Buch der Welt. Vor allem seinen unzähligen jungen Lesern hat er die Augen für das absurde Treiben der Erwachsenen geöffnet. Nichts, so lehrte er uns, ist wie es scheint: Hässliche Kindermädchen verwandeln sich in Sexgöttinnen, Väter kollabieren als Schwimmlehrer, Bürokraten sind tendenziell wahnsinnig, und US-Präsident Nixon fürchtete nichts mehr als Golda Meirs überdimensionale schwarze Handtasche, glaubt man der Satirensammlung »Salomos Urteil, zweite Instanz«.

»Wir sind ein kleines Land, das in seiner Umgebung lauter Feinde und in der Ferne nur äußerst zurückhaltende Freunde hat«, erläutert der unermüdliche Botschafter Israels, »deshalb müssen wir von Zeit zu Zeit überraschende Maßnahmen ergreifen. So haben wir in bedrängter Lage eine 74-jährige Großmuter als Ministerpräsidentin eingesetzt und schicken sie zu den Führern der freien Welt. Die sollen dann sehen, wie sie mit der alten Dame fertig werden.«

Ephraim Kishon, der am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann zur Welt kam, ist mittlerweile selbst ein alter, ziemlich ungehaltener Herr. Von großen Teilen des hiesigen Kulturbetriebs wird er als »rechts« geschmäht, und nun auch noch das lästige Jubiläum: »Alle tun so, als ob der 80. Geburtstag mein größter Erfolg wäre«, beschwert sich der Humorist, der sich diese zwiespältige Berufsbezeichnung auf seine Weise einverleibt hat.

In der »Bild am Sonntag« beklagte er, dessen 43 Millionen verkaufte Bücher zu drei Vierteln in Deutschland abgesetzt wurden, die anhaltende Judenfeindlichkeit. Zwei Kämpfe seines Lebens habe er verloren, sagt der diplomierte Bildhauer: gegen die moderne Kunst und gegen den Antisemitismus.

Bei Autofahrten in seiner zweiten Wahlheimat, dem Kanton Appenzell, hört der überzeugte Zionist, der dem Holocaust mehrfach nur knapp entkam, bevorzugt Hitler-Reden. Mit der Parodie »Mein Kamm« gewann er bereits 1947 den ungarischen Romanwettbewerb. »Dr. Kaltenbrunner« hieß sein geliebtes schweres Motorrad aus österreichischer Produktion, mit dem er nach seiner Flucht aus Ungarn im Kibbuz vorfuhr. Das alles zeugt von einer lebenslangen negativen Fixierung, die sich in bitteren Aphorismen Luft macht: »Die Juden sind ein lästiges Volk. Wenn sie allerdings nicht so lästig wären, dann wären sie vielleicht kein Volk mehr.«

Versöhnen könne er sich mit dem Alter nicht, sagt Ephraim Kishon im besten Kampfesalter, höchstens einen Waffenstillstand erreichen. Massel Tov!

 

 

Ephraim Kishon zum 80sten

Humor ganz ernst genommen

(BR-Online)

»Die zwei größten Fiaskos der Gesellschaft sind Einkommenssteuer und Ehe«, sagte Kishon in jungen Jahren. Der Spruch blieb an ihm haften, obwohl er inzwischen die dritte Ehefrau und dem Fiskus für seine Bestseller Unsummen hingeblättert hat. Von den weltweit rund 41 Millionen verkauften Büchern des Israeli erschienen in Deutschland 31 Millionen - die meisten davon in München. In der Bayerischen Landeshauptstadt stellte auch Kishons zweite Ehefrau Sara 1996 ihr erstes eigenes Buch vor. Es dreht sich ganz um ihren Ehemann, der wiederum Sara gern als »beste Ehefrau von allen« vorstellte und heißt »Mein geliebter Lügner«. Die intime Selbstbespiegelung des gut 30 Jahre lang verheirateten Paares wäre gewiss peinlich, wenn die beiden nicht alle Register der Komik beherrschten. Doch die Kishons sind einfach Meister des Humors - vielleicht weil sie in ihrem Leben zwar viel Glück aber - als gerade noch dem Holocaust Entkommene - nicht immer viel zu lachen hatten.

»Romeo und Julia« fortgeschrieben

Für großen Spaß seiner Leser sorgte zum Beispiel Kishons wunderbare Fortschreibung von Shakespeares »Romeo und Julia«: Das einst so romantisch liebende Paar ist bei Kishon in die Jahre gekommen, hat 30 Ehejahre auf dem Buckel und ist vom Alltag ganz schön gebeutelt: Julia klagt über die Hausarbeit, Romeo sucht vergebens seine Socken und meckert über ihren Kaffee: »Der schmeckt wie das Gift des Apothekers, das ich damals fast getrunken hätte.«

Bestseller im Land der Henker

»Ich wurde zum Lieblingsautor der Nachkommen meiner Henker, und das ist die wahre Ironie der Geschichte«, schrieb Kishon mit spürbarer Genugtuung 1993 in seiner Autobiografie "Nichts zu lachen". Doch so treu und groß wie seine deutsche Fangemeinde ist, so sehr scheint er einem großen Teil der deutschten Kritik verhasst: Überregionale Zeitungen und Magazine wie "Stern", "Spiegel", "FAZ" und "Zeit" strafen den weltweit meist gelesenen Satiriker mit Ignoranz. Wenn überhaupt, dann taucht sein Name dort in den Bestsellerlisten auf. Kishon bedauert das sehr in seinem Gespräch mit Klaus Kastan in BR-alpha.

 

1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest als Bankdirektorsohn geboren, kommt er bald aufs Ungewohnte, als sein jüdischer Vater 1937 seine Profession aufgeben muss. Obwohl brillant in der Schule, kann Kishon nicht studieren und macht eine Lehre als Goldschmied. Im Zweiten Weltkrieg gelingt es ihm schließlich unterzutauchen. Er, seine Schwester und seine Eltern überleben den Holocaust, den Rest seiner Familie bringen die Nationalsozialisten um. 1949 wandert Kishon nach Palästina aus und wagt den Neuanfang in einem Kibbuz und einer neuen Sprache und Schrift - Hebräisch.

Ephraim und Sarah Kishon

Er beginnt, regelmäßig Kolumnen für die Tageszeitung »Ma'ariv" zu schreiben, zieht nach Tel Aviv und leitet die Kleinkunstbühne »Die grüne Zwiebel". Der große Durchbruch gelingt dem Schriftsteller mit der 1962 erschienenen Satire: »Drehn Sie sich um, Frau Lot". Von da an landet Kishon einen Bestseller nach dem anderen - darunter »Arche Noah, Touristenklasse" und 1965 »Der seekranke Walfisch", 1969 »Der Fuchs im Hühnerstall", 1970 »Nicht so laut vor Jericho" und 1977 »Es war die Lerche". Vor allem auf dem deutschen Markt verkaufen sich seine kongenial von Friedrich Torberg übersetzten Romane und Satiren hervorragend. Auch seine Fernsehspiele und Satiren verbuchen große Erfolge - vor allem der »Der Blaumilchkanal", die Serien »Sara und Ephraim - Kishons beste Familiengeschichten" und »Lieben Sie Kishon«". Seit 1981 besitzt Kishon ein Haus in Appenzell, wo er regelmäßig mit seiner Familie und seinen Freunden hinfährt. 2002 stirbt seine Frau Sara, mit der er drei Kinder und fünf Enkel hat. Ein gutes Jahr später heiratet der Bestseller-Autor die österreicherische Schriftstellerin Lisa Witasek.

"Schreiben ist kein Spaß"
Ephraim und Lisa

Im Alpha Forum bekennt Kishon: »Wenn Ihnen ein Schriftsteller sagt, dass er das gerne macht, dann lügt er entweder und ist ein Heuchler oder er ist ein Graphomane, also jemand, der immerzu schreiben muss. Kein Schriftsteller schreibt gerne: Es ist eine leidvolle Tätigkeit. Es ist ungefähr mit Folgendem zu vergleichen. Wenn man eine Frau fragt, ob sie das Gebären gerne habe, ob das für sie ein großes Vergnügen sei, dann sagt sie selbstverständlich: "Nein, natürlich nicht. Das Baby ist das Vergnügen, aber die Geburt doch nicht!" Beim Schreiben ist es das Gleiche«. kulturWelt: 08.30 Uhr, Bayern2Radio Alpha-Forum: Ephraim Kishon im Gespräch mit Klaus Kastan

 

 

Ephraim Kishon feiert 80. Geburtstag

Der erfolgreichste Satiriker der Welt wird gefeiert
Von Jochanan Bein (Die Jüdische)

 

Immer wieder betont Ephraim Kishon, über 40 Millionen Bücherverkauft zu haben. Mit dem Erfolg lässt sich bekanntlich nicht leicht diskutieren, mit seinen politischen Ansichten sehr wohl. Sein Verlag Langen Müller ist fest im rechtsnationalen Spektrum angesiedelt. Seine grösste Fangemeinde ist im deutschsprachigen Raum zu finden. Dies ist zum Grossteil ein Verdienst seines langjährigen Übersetzers Friedrich Torberg.

 

Ephraim Kishon wurde am 23. August 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest geboren. Im Jahre 1944 wurde er nach Polen deportiert. Kishon flüchtete, tarnte sich als Nichtjude und versteckte sich bis zum Ende des Krieges. Er überlebte als einziger seiner Familie die Shoah. Nachdem Krieg begann Kishon 1945 ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur, er schrieb erste Satiren und gewann mit dem Roman »Mein Kamm« den grossen ungarischen Preis für Romane. Mit Beginn der kommunistischen Ära in Ungarn wanderte Kishon 1949 nach Israel aus, wo er mit dem Verfassen kleiner Sketche eine gewisse Bekanntheit erlangte. Er begann Kommentare für die Zeitung Maariv zu verfassen, die er über Jahrzehnte schrieb. In diesen Beiträgen gab ersich als stramm konservativer Ausleger zu erkennen. Ersten Weltruhm erlangte Kishon mit dem Film »Sallah Shabati«, der in Deutsch den ungelenken Titel »Tausche Tochter gegen Wohnung« erhielt. 1964 wurde der Film sogar für den Oscar nominiert, davor gab es zwei Golden Globes. Chaim Topol begann mit dem Streifen eine Weltkarriere. Den Höhepunkt seines filmischen Schaffens erreichte Kishon 1969mit »Blumilch-Kanal«, wo er klar Partei für den kleinen Mann ergreift, der indie Fänge der Bürokratie gerät.

 

Am Samstag nachmittags wurde Kishon in einer zweistündigen Sendung in Reshet Beth gewürdigt, in der unter anderem sein Freund Tommy Lapid zu Wort kam, derzeit Justizminister in Israel. Kishon, der nach eigenen Angaben mal das Angebot erhielt, Informationsminister zu werden, hält Lapids Einstieg in die Politik übrigens für einen Fehler, wie er freimütig bekannte.

Über vier Jahrzehnte war Ephraim Kishon mit Sara verheiratet, der »besten Ehefrau von allen«. Sie starb an Krebs, »die schwierigste Phase meines Lebens«, wie er erkannte. Die 38-jährige Österreicherin Lisa Witasek wurde im Vorjahr seine dritte Ehefrau. Der Weltmeister im Dreiband-Billard und passionierte Schachspieler entwickelte ein Schachprogramm, das schon mal den Spielerfrotzelt.

Am Dienstag wird in Tel Aviv der Geburtstag Kishons begangen. Unter anderem wird Shimon Peres da sein. »Ich wünsche mir Gesundheit und Wohlstand« wiederholt der Autor, der in Tel Aviv und Appenzell in der Schweiz lebt, in Interviews. »Also eigentlich, den Zustand den ich jetzt habe«.

 

 

»Ich bin ein weiser Kerl«

Er ist Weltmeister der Satire:
Ephraim Kishon wird 80

 

Unschlagbar in allen Disziplinen
Lebenskünstler

Ephraim Kishon wurde 1924 in Budapest geboren. 1944 floh er aus dem NS-Vernichtungslager Sobibor, 1947 bekam er seinen ersten Literaturpreis und floh 1949 vor den Kommunisten nach Israel. Heute lebt er in Tel Aviv und Appenzell.

Multitalent

Der ungarische Bildhauer schrieb seine Bestseller in Hebräisch. Der Filmemacher gewann zwei Golden Globes und wurde 1972 für den Oscar nominiert. Schachexperte Kishon kreierte 1991 einen Schachcomputer.

Frauenfreund

"Humor ist wie eine schöne junge Frau", meint Kishon. Er heiratete drei Mal: Ende der 40er Jahre Chawa, 1959 die Pianistin Sara, Mutter seiner drei Kinder, als "beste Ehefrau von allen" in seinen Werken verewigt (sie starb 2002 an Krebs), und 2003 die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

Welt am Sonntag: Herr Kishon, Sie stehen im "Guinness - Buch der Rekorde", sind der meistgelesene Satiriker der Welt und haben vor kurzem eine 32 Jahre jüngere Frau geheiratet. Fehlt Ihnen etwas zu Ihrem Glück?
Ephraim Kishon: Ich bin im zweiten Teil meines Lebens verwöhnt worden, vom Schicksal, Zufall oder Glück, wie man es nennen will. Ich kann mich nicht beklagen.

 

Aber in Ihren Memoiren haben Sie gemäkelt: "Ich bin auch dann unzufrieden, wenn ich vor Freude Purzelbäume schlagen müsste."
Manchmal ärgere ich mich darüber, dass es mir nicht gelingt, mich davon zu überzeugen, dass ich keinen Grund habe, schlecht gelaunt zu sein. Ich bin selbstkritisch, aber kein Pessimist. Und wie jeder kreative Mensch neige ich zu Depressionen.

 

Während die Welt seit 50 Jahren über Ihre Satiren, Romane und Theaterstücke lacht, über Frau Lot, den Irren Blaumilch oder "Eintagsfliegen". Warum sind Sie erfolgreicher als andere Satiriker?
Wissen Sie, in meinem biblischen Alter kann ich mir Unbescheidenheit leisten: Ich bin ein verdammt guter Schriftsteller. Aber im Ernst: Humor kann man nicht übersetzen. Humor funktioniert nur bei Menschen, die die gleiche Sprache sprechen. Mit einer Ausnahme: Ephraim Kishon. Der schreibt nicht in seiner Muttersprache, sondern in einer Sprache, die er erst mit 25 Jahren erlernte - in Hebräisch, der einzigen Sprache, die man in jede andere Sprache der Welt übertragen kann, ohne ihren Sinn zu verfälschen. Vielleicht ist das mein Geheimnis.

 

Im Zeitalter von Comedy-Flachsinn und Fun-Shows wird der Raum für Satiriker eng.
Satire ist eine aussterbende Spezies. Die Satiriker in der Tradition von Kurt Tucholsky oder Erich Kästner werden heute durch Gagmaster ersetzt, wie Harald Schmidt und seine Kollegen. Das ist ein leichteres, besser bezahltes Geschäft. Eine gute Satire beschreibt die Realität in ihrer Absurdität, überzeichnet, pointiert. Ich bin der letzte Mohikaner.

 

In Ihrem letzten Roman "Der Glückspilz" haben Sie die Medien und den Spießrutenlauf zum Erfolg aufs Korn genommen - Seitenhieb auf amtierende Superstars oder ein Selbstporträt?
Die Bilanz meiner Erfahrungen und ein Blick hinter die Kulissen der Wichtigtuerei. Ich war auch einmal so ein aufgeblasener Typ wie dieser drittklassige "Glückspilz"-Schauspieler und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass zu viel Erfolg ebenso fatal ist wie zu viel Misserfolg.

 

Gerade einmal zehn Jahre nach der Nazidiktatur amüsierten Sie Ihre Leser mit launigen Geschichten aus Israel. Warum?
Ich fühlte mich nie autorisiert, über die Nazizeit zu schreiben. Erst 1993 habe ich in meiner Autobiografie "Nichts zu lachen" auf mein Leben zurückgeblickt, meine Jugend in Ungarn, meine Flucht aus dem Vernichtungslager Sobibor, auf mein Leben in Israel.

 

Wollten Sie die Deutschen mit Ihren Satiren über Golda Meirs Handtaschen und unzuverlässige Klempner am Schabbath entlasten?
Meine Bücher habe ich nur für mich selbst geschrieben. Ich bin ein mitteleuropäisches Produkt, lebe in Israel und schreibe in einer orientalischen Sprache für Menschen über Menschen.

 

Welt am Sonntag

 

 

Der Täter heißt immer David

Er floh aus dem Lager und wurde Humorist:
Ephraim Kishon, dem erfolgreichsten Schriftsteller Israels, zum 80 Geburtstag
Von Hannes Stein (Die Welt)

 

Nehmen wir einmal an, Ephraim Kishon würde für eine Neuverfilmung seines »Blaumilchkanals« aus den Händen Clint Eastwoods doch noch den Oscar erhalten, der ihm 1968 verwehrt blieb, was würde er denken: Dieser Clint Eastwood hat aber eine hohe Stimme. Und er würde leiden - unter Sodbrennen. Mit diesem Sodbrennen hat es seine eigene Bewandtnis.

 

Mit 20 Jahren nämlich wurde Kishon, der damals noch anders hieß, ein medizinisches Wunder. Zusammen mit anderen jüdischen Jungs, die gerade das Gymnasium absolviert hatten, war er aus seinem Heimatland Ungarn in die Slowakei deportiert worden. Die Jungs marschierten und marschierten, und weil es nichts zu trinken gab, tranken sie Wasser aus Pfützen. So erkrankte Kishon an Typhus. Hätte er das zugegeben, wäre er von den Wächtern - antisemitischen ungarischen Bauernsöhnen - abgeknallt worden. Also schleppte er sich stolpernd weiter, obwohl das eigentlich gar nicht ging, und verdarb sich seinen Magen. Endgültig ruinierte er ihn, als er sich gegen Ende des Krieges in Budapest in einem Keller verkroch, wo es nur ein Nahrungsmittel gab: dutzendweise Flaschen mit Tomatensaft. Zuvor hatte Kishon ein Arbeitslager und eine Flucht mit einem Kumpel überlebt, der nach dem Krieg verrückt wurde. Kishon dagegen wurde Humorist.

 

Hätte die Geschichte eine andere Route genommen als jene via Auschwitz, was wäre dann wohl aus diesem Ferenc Hoffmann geworden, der aussah wie ein Germane aus dem Bilderbuch, stupsnäsig, groß, blond und blauäugig, der von Jesuiten erzogen wurde und vom Judentum keine Ahnung hätte? Eines ist sicher: Er wäre nie in ein heißes und umkämpftes Mittelmeerland ausgewandert. Er hätte nie in einem Kibbuz als Elektriker gearbeitet und sturverbissen eine von den Toten wieder auferstandene Sprache gelernt, die in uralten Buchstaben von rechts nach links geschrieben wird. Er wäre niemals in dieser Sprache Schriftsteller geworden.

 

Die Geschichte, wie Kishon zu seinem berühmten Namen kam, ist bekannt, aber so gut, dass sie hier noch einmal erzählt werden sollte. Bei der Einreise fragte ihn ein Beamter im Hafen von Haifa auf jiddisch: »Wie heißt ihr?« - »Kishont« (das ist die magyarisierte Form von Hoffmann). Der Beamte notierte: »Kishon.« - »Und der Vorname?«, fragte er. »Ferenc.« - »Gibt es nicht«, murmelte der Beamte und kritzelte »Ephraim«. Damit war das geklärt.

 

Er ist und bleibt der Deutschen liebster Israeli. Die Ironie, dass seine Bücher gerade bei den Nachkommen jener Leute, die ihn einst umbringen wollten, so immens erfolgreich sind, ist ihm nicht verborgen geblieben; sein Erfolg ist indes leicht zu erklären. Kishons Grotesken und Satiren handeln vorwiegend vom israelischen Alltag: Hier erfuhren die Deutschen, dass es in Israel kaputte Waschmaschinen, eifersüchtige Ehefrauen, sture Verkehrspolizisten und kaugummikauende Teenager gibt. Kurz, Kishon plauderte aus, dass Juden auch nur Menschen sind. Da es nach dem Genozid die Tendenz gab, Juden zu Heiligen zu verklären, war dies ein nicht zu unterschätzender Service. Er verschaffte vielen Deutschen ein Gefühl der Erleichterung und machte es ihnen so möglich, Israel sympathisch zu finden. Erwidert Kishon diese Sympathie? Merkwürdig berührt jedenfalls seine familiäre Nähe zu seinem Verleger Herbert Fleissner, den er ausdrücklich einen »Freund« nennt; immerhin hat der auch den Holocaust-Leugner David Irving unter Vertrag.

 

 

Von rechts nach links geschrieben

Der Schriftsteller Ephraim Kishon wird heute 80
Von Abini Zöllner

Gibt es einen typisch israelischen Humor? Und wenn ja, warum nicht?" So beginnt eine Satire von Ephraim Kishon. Darin beschreibt er eine Situation, die so ungeheuerlich ist, dass sie wohl stattgefunden haben muss. Ein Lachwerk.

Nun wird den Deutschen gern nachgesagt, dass sie keinen Humor hätten. Sogar Kurt Tucholsky war überzeugt: dass "dieses Element den deutschen Menschen abhanden kam". Doch von Kishons 43 Millionen Büchern, die weltweit in 37 Sprachen verkauft wurden, erwarben 33 Millionen Exemplare ausgerechnet die Deutschen. Sie sind seine treuesten Leser.

Sie mögen es, wie der Fernseher, der Computer oder die Waschmaschine zum entscheidenden Thema erhoben werden. Sie kennen die Tricks von Jossele, dem Ehepaar Spiegel und Felix Selig. Sie würden niemals mehr die Bedeutung einer Suppe, die Fütterung einer Aktentasche oder die Neigung zu Regenschirmverlusten unterschätzen. Und sie lieben die belehrungsresistenten Kinder, den angeblichen Familienvorstand und dessen resolutes Weib, die beste Ehefrau von allen. Es ist ein Vergnügen, zu verfolgen, wie der Alltag ins Absurde gerät. Der aufmerksame Leser weiß: Allen kann alles passieren.

Kishon ermuntert dazu, die eigene Schadenfreude genüsslich auszuleben. Wie er Menschen beobachtet und was er aus ihren Erscheinungen macht - das eigene Versagen inklusive - das ist seine Kunst. Frei von jeglicher Verschraubtheit und voll sinniger Gesellschaftskritik verfasst er seine geschliffenen Geschichten. Spätestens seit 1961 - und der unerhört heiteren Satire "Jüdisches Poker", die auch den schamhaftesten Leser in der Öffentlichkeit enthemmt zum Lachen zwingt - gibt es in der Literatur den Kishon-Sound. Diesen, seinen Ton rettet er mitunter in seine Romane, die er (wie in "Mein Kamm") aber auch reichlich mit Sarkasmus ausgestattet hat.

Heute wird der meistgelesene Satiriker 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass, und nachdem zum 75. Geburtstag "Alle Satiren" erschienen sind, bringt der Verlag Langen Müller nun "Alle Romane" in einem Band heraus. Damit liegt erstmals Kishons Werkausgabe komplett vor.

Ference Hoffmann, der bei seiner Einreise in Israel von einem völlig überarbeiteten Beamten einfach in Ephraim Kishon umbenannt wurde, hat in seinem Leben so viel erreicht, dass sowohl sein Schaffen als auch sein Erfolg für mehrere Schriftsteller reichen würde. Er ist mit internationalen Auszeichnungen überschüttet worden, erhielt für seine Verfilmungen drei Golden Globes, war zweimal für den Oscar nominiert und einmal für den Literatur-Nobelpreis. Letzteres war für ihn eine Genugtuung: "Die Sache hat mich nicht wirklich entsetzt." Er hätte ihn gern bekommen.

Warum er ihn nicht bekam, darüber denkt Kishon laut nach, indem er unzählige Interviews gibt. Zwar heißt es in einer seiner Satiren: "Meiner Meinung nach soll ein Schriftsteller schreiben und nicht reden". Aber dann redet er doch und argwöhnt: "Israelis sind nicht gerade populär" oder "In den Komitees sitzen von Neid zerfressene Kollegen". Immerhin, so schließt er, "wird mit der Nominierung die Verachtung schon etwas schwieriger". All das klingt verbittert. Und das ist der Punkt, an dem man die öffentliche Persönlichkeit Kishon von der Privatperson Kishon trennen muss.

Kishon wurde 1924 in Ungarn geboren. Als er sein Abitur mit Auszeichnung ablegte, durfte er nicht mehr studieren, weil er Jude war. 1944 in die Slowakei getrieben, dann nach Polen deportiert, kehrte er nach Kriegsende zurück. 1949 beschloss er jedoch auzuwandern. Seitdem ist Israel seine erklärte Heimat. Auch wenn er seit mehr als zwanzig Jahren noch ein Haus in der Schweiz hat und weltweit unterwegs ist, wäre es für ihn "eine Beleidigung, wenn man mich als Kosmopoliten bezeichnet." Kishon ist ein 150-prozentiger Israeli. Einer, der nicht wieder Jude sein möchte "in Europa". Einer, der Arafat als "Hetzer seines Volkes" sieht und sich den Unmut linker Intellektueller Israels zuzieht. Einer, der gern betont, dass er "von rechts nach links schreibt".

Kishon ist als Mensch die Summe seiner Erfahrungen. Als Autor aber ist er Teil des Versöhnungsprozesses zwischen den Juden und den Deutschen. Denn als dieser ermöglicht er konsequent ein unbelastetes Kennenlernen und Sichmögen.

Wer Kishon liest, kann kaum glauben, was für eine große Herausforderung die Satire ist. So, wie er das Niveau hält, scheinen ihm die Geschichten aus den Fingern zu fließen. Doch beruhigenderweise sitzt er bis zu 18 Stunden am Schreibtisch. Beunruhigenderweise hat er mit dem ersten Satz auf dem Papier schon den letzten im Kopf.

Dabei antwortet er auf die Frage nach dem typisch israelischen Humor - indem er ihn ganz entschieden aufschreibt. Und mit Kishon glaubt man, dieser sei der beste.

Berliner Zeitung
Montag, 23. August 2004

 

 

Zum 80. Geburtstag

Satiriker Ephraim Kishon über schöne Popos, ein langes Leben und seine eigene Beerdigung Fast jeder stirbt ja mal...
Von Angelika Spurny

 

Freude, Leid, Angst, Enttäuschung und Erfolg lagen bei ihm immer dicht beieinander.

Ephraim Kishon, geboren am 23. August 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest, wurde 1944 nach Polen deportiert, floh aus dem KZ, studierte Kunstgeschichte und Metallskulptur. 1949 zog er nach Israel, veröffentlichte ab 1952 politische Glossen, schrieb Stücke, gründete ein Theater, drehte einen Film ("Sallah"), der mit zwei Golden Globes ausgezeichnet wurde. Es folgten Oscar-Nominierungen (1964, 1972), Goldene Kamera und "Schlitzohr"-Preis. Kishon schrieb mehr als 50 Bücher, übersetzt in 37 Sprachen, Weltauflage 43 Mio., davon 32 Mio. auf Deutsch. Seine »Familiengeschichten« sind neben der Bibel das weltweit meistverkaufte hebräische Buch. Der »beste Satiriker von allen« lebt mit seiner Frau Dr. Lisa Witasek in Appenzell/Schweiz und in Tel Aviv/Israel. Er hat drei Kinder und 5 Enkel. Zu seinem 80. Geburtstag gab er der BZ ein Interview, denn die »besten Interviews sind immer in der BZ«.

 

BZ: Mit 80 blickt man zurück, was würden Sie anders machen?
Kishon: Schwere Frage.

 

Wir können sie verschieben.
Dadurch wird sie nicht leichter. Nichts würde ich anders machen, nur die Umstände ändern.

 

Was wünschen Sie sich zum Geburtstag - sich und der Welt?
Ich interessiere mich am meisten für mich, zugegeben, sehr egozentrisch. Ich möchte nur gesund und reich sein. In der Reihenfolge. Ich bin sehr glücklich mit meiner Frau, die ich vor eineinhalb Jahren geheiratet habe, nachdem die beste aller Ehefrauen 2002 gestorben war. Als ich Lisa den Antrag machte, gab ich mein Ehrenwort, dass ich lange leben werde.

 

Was tun Sie dafür?
Seit 35 Jahren schwimme ich jeden Tag, nicht weil ich besonders sportlich bin, sondern weil ich keine Rückenschmerzen haben will. Außerdem esse ich ein Kilo Vitamine. Von den 20 Vitaminen sind ein oder zwei wichtig. Also esse ich alle, damit mir zwei helfen. Ich habe auch kapiert, dass Leute, die lange arbeiten, lange leben.

 

Worauf sind Sie stolz?
Dass ich der meist gelesene Humorist aller Zeiten bin. Jetzt übersetzt man meine 50 Bücher ins Koreanische! Alte Menschen fragen oft, was hinterlasse ich denn? Wenn ich das Zeitliche segne - hier sagt man, wenn meine Väter mich rufen - hinterlasse ich meine Bücher.

 

Haben Sie einen Wunschtraum?
Ich bin zufrieden mit dem, was ich gemacht habe.

 

Denken Sie an den Tod?
Ja, fast jeder stirbt mal, irgendwann (lacht). Ich bedauere nur, dass ich meiner Beerdigung nicht lauschen kann. Man wird so schöne Sachen über mich sagen, ich werde ein großer Philosoph sein. Schade, dass ich das verpasse.

 

Über welchen Ihrer Preise haben Sie sich am meisten gefreut?
Die Oscar-Nominierung war das wichtigste. Mein liebster Preis ist der Israel Preis, wo es hieß, er geht an den größten Meister der hebräischen Sprache. Das sagen sie über einen Mann, der vor 55 Jahren angekommen ist und gar nicht wusste, dass es Hebräisch gibt! Ich habe das im Kibbuz gelernt.

 

Mühsam?
Nein, durch ein Wunder. Darauf bin ich stolz. Denn das ist eine Mission Impossible.

 

Wer führt Ihren Haushalt?

Meine Frau ist Schriftstellerin und begeisterte Köchin. Sie ist eine außerordentlich hübsche Dame und sie ist auch nicht dumm (lacht). 32 Jahre jünger als ich, hat nie gekocht, und seit sie meine Frau ist, kocht sie und zwar ausgezeichnet! Das beweist, dass ein intelligenter Mensch alles kann.

 

Können Sie über sich lachen?
Ja, ich nehme mich nicht ernst.

 

Was lesen Sie, wenn Sie nicht schreiben?
Korrektur.

 

Andere Bücher?
Ich produziere Literatur, ich lese sie nicht. Ich befasse mich mit Werken über die Nazi-Periode, wie den Erinnerungen von Albert Speer. Interessant, ein Talent. Was noch nicht bekannt ist: Er wollte sich mit mir treffen. Bei einem meiner Vorträge saß er in der ersten Reihe. Ich lehnte ein Treffen ab.

 

Wie feiern Sie heute?
Ich habe eine Menge Kinder, die jetzt mit meiner Frau Frieden geschlossen haben. Sie bringen Kuchen, mein israelischer Verleger kommt. Ex-Regierungschef Shimon Perez wird schöne Worte sprechen - der vorgezogene Nekrolog. Ich muss dann die Anwesenden drauf aufmerksam machen, dass ich noch lebe.

 

Fürchten Sie etwas?
Krankheit. Ich bin ein so aktiver Mensch, wenn ich krank bin, ist das wie eine Strafe.

 

Wann kommen Sie wieder nach Berlin?
Seit ich mein übertrieben hohes Alter erreicht habe - das Alter ist in Ordnung, nur die hohe Ziffer ist erschreckend - reise ich nicht mehr viel.

 

Haben Sie ein Rezept für gesundes Altern und eine glückliche Ehe?
Das sind ja zwei Fragen. Man muss Glück und die Gene haben. Das Problem ist, ehrenvoll zu altern, mit Würde. Nicht mehr den Playboy spielen. Eine Frage von Takt, Maßstab und Stil. Mein Ehe-Rat: Nie die Liste der Telefongespräche prüfen! Ernsthaft: Eine gute Ehe ist eine Ehe, die Krisen überlebt. Ich habe meine Kinder gewarnt, jemanden zu heiraten, weil er einen schönen Popo hat.

 

Was hassen Sie am meisten?
Die Räuber-Mörder-Nazis, aber die sind ausgestorben. Die Theaterkritiker, die fragen, wie kommt dieser Humorist dazu, Stücke zu schreiben? Und Händetrockner.

 

Das ist ja eine nette Kombination. Weil's so laut ist?
Man steht eine halbe Stunde davor, hört das schreckliche Geräusch, und die Hände sind immer noch nass.

 

Welche Frage wurde Ihnen noch nie gestellt, die Sie aber gern beantwortet hätten?
Wie kann man in Ihrem Alter so gut aussehen? Die Frage erwarte ich - besonders am Telefon. Aber die Antwort gab ich Ihnen ja vorhin schon.

 

Die BZ dankt Ephraim Kishon und gratuliert ganz herzlich!

 

 

Kishon zum 80. Geburtstag

Von Armin Friedl

 

Da gibt es den harmlosen Streit unter Nachbarn, der eskaliert bis zur völligen Zerstörung eines Straßenzuges. Oder den Verrückten, der in einer der Hauptgeschäftsstraßen von Tel Aviv damit beginnt, einen Kanal auszuschachten. Anstatt ihn daran zu hindern, wird er von der Stadtverwaltung auch noch dabei unterstützt.

 

Mittendrin in all dem Chaos: der Schriftsteller Ephraim Kishon, der am Montag seinen 80. Geburtstag feiert. Geboren in Budapest als Ferenc Hoffmann, ist er als einer der wenigen seiner Familie den Deportationen durch die Nationalsozialisten entkommen. Bereits in den 50er Jahren hatte er seinen literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel.

 

Inzwischen hat er mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die Weltauflage beträgt 43 Millionen, allein 32 Millionen davon sind in deutscher Sprache erschienen. Von der Bibel einmal abgesehen, ist seine Kurzgeschichtensammlung "Familiengeschichten" das meistverkaufte hebräische Buch der Welt.

 

Da ist die Vielfalt der Themen, die Kishon zu einem Autor machen, der von Jung und Alt gelesen wird. Und da ist sein Witz, der gerne ins Absurde übergeht, der aber nie bloßstellend wirkt. Und der meist mit einer Pointe aufwartet, die zum Nachsinnen anregt. Der Ausgangspunkt sind häufig Alltagsbetrachtungen, die jeder selbst in seiner Umgebung machen kann.

 

Dass diese jedoch nicht hier stattfinden, sondern in Israel, wie Personen- und Ortsnamen belegen, macht die Lektüre insbesondere hier zu einem besonderen Vergnügen.Vordergründig verweist der Autor also nicht auf andere, sondern auf sich selbst, sein Lebensumfeld. In der Summe freilich belegt er damit, dass die Unterschiede zwischen Völkern beileibe nicht so groß sind wie häufig behauptet. Egoismus und bürokratische Regelwut grassieren allerorten, ebenso die Manieriertheiten Einzelner. Noch zugespitzter wird sein Humor, wenn der Vielgereiste, der heute bevorzugt an seinem zweiten Wohnort im schweizerischen Appenzell lebt, den Blick in andere Länder richtet: Etwa nach Österreich. In einer Kurzgeschichte treibt er die dortige Sucht nach Titeln auf die Spitze, indem ein Chauffeur zum Parkrat mutiert.

 

Immer wiederkehrend: »Die beste Ehefrau von allen«. Ironie und Lebensweisheiten sind hier bestens ausbalanciert: »Hinter einer langen Ehe steht immer eine sehr kluge Frau«, heißt es dazu in einem seiner Bücher, aber auch »Die Ehe ist gut für Frauen. Deshalb sollten nur Frauen heiraten.« Auch zu seinem 80. ist ihm längst vorher schon eine Formulierung eingefallen: »Altern ist ein hochinteressanter Vorgang: Man denkt und denkt und denkt - und plötzlich kann man sich an nichts mehr erinnern.«

 

Stuttgarter Nachrichten

vom 21.08.2004

 

 

Glückskind» - Ephraim Kishon wird am Montag 80

Von Armin Friedl

Berlin (ddp). Ephraim Kishon ist nicht nur einer der weltweit erfolgreichsten Satiriker, sondern auch Bildhauer, Komponist, dreifacher Golden-Globe-Gewinner, Entwickler eines Schachprogramms und Amateur-Weltmeister im Billard. Am Montag feiert er seinen 80. Geburtstag.

 

Aber natürlich ist das mit dem Glück so eine Sache. 1924 in Budapest als Sohn des jüdischen Bankdirektors Dezsö Hoffmann geboren, gerät der 20-jährige Ferenc, der weder Jiddisch noch Hebräisch spricht, in die Fänge der Nazis, die ihn ins polnische Vernichtungslager Sobibor verschleppen. Ihm gelingt die Flucht und die Tarnung als Nicht-Jude unter slowakischem Namen. Nach dem Krieg beginnt er in Budapest ein Studium als Metallbildhauer. Schon als Schüler lässt Ferenc schriftstellerisches Talent erkennen. Seine erste Satire schreibt er in den letzten Kriegstagen im Keller eines zerbombten Hauses. Die Geschichte über Glatzköpfe bringt ihm bei einem Romanwettbewerb einer ungarischen Literaturzeitung denn auch den ersten Preis ein. Viele Jahre später greift er den Stoff noch einmal auf und baut ihn zu einem seiner erfolgreichsten Romane «Mein Kamm» (1997) aus.

 

1949 flieht Kishon mit seiner ersten Frau Chawa vor den Kommunisten nach Israel. Im Kibbuz macht er sich zunächst als Elektriker, Pferdeknecht und Latrinenputzer nützlich. Seine Texte schreibt er weiter auf Ungarisch, sie werden - zusammengefasst in dem ersten Buch «Der Neueinwanderer, der uns auf die Nerven geht» - ins Hebräische übersetzt. Dann aber zieht sich Kishon ein Jahr zurück, widmet sich dem Studium der hebräischen Sprache und beginnt 1952 unter dem Namen «Chad Gadja» (Lämmchen) eine tägliche Kolumne in der israelischen Tageszeitung «Maariv». Die Glosse wird er 30 Jahre lang täglich verfassen.

 

1959, zwei Jahre nach der Trennung von Chawa, heiratet Kishon die «beste Ehefrau von allen», Sara, in New York ausgebildete Pianistin. Und im selben Jahr wählt die «New York Times» Kishons Buch «Drehen Sie sich um, Frau Lot» zum Buch des Monats. Damit ist der Grundstein für Kishons internationale Karriere gelegt. Heute liegt die weltweite Auflage seiner Bücher bei 43 Millionen, davon allein 33 Millionen in Deutschland. Demnächst erscheinen auch in Korea drei neue Kishon-Bücher.

Doch Kishon gibt keine Ruhe. In Tel Aviv gründet er das Theater «Die Grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitet. Für «sein» Haus schreibt und inszeniert er eine Reihe von Stücken, es folgt sein erster Film «Sallah oder Tausche Tochter gegen Wohnung». Auch fürs Drehbuchschreiben zeigt Kishon ein «Händchen». In Deutschland dreht unter anderem die ARD eine 20-teilige Reihe nach seinen Geschichten.

 

Von seinen rund 50 Büchern gilt «Familiengeschichten» als meistverkauftes Buch in hebräischer Sprache - abgesehen von der Bibel. Darin schildert Kishon mit viel Witz und Pointen kleine Missgeschicke im Alltag, die Probleme seiner rothaarigen Kinder und seine stetigen Versöhnungsangebote an die «beste Ehefrau von allen». Aber auch in die Politik mischt er sich ein, schreibt mit spitzer Feder über den Nahostkonflikt.

 

Für den Jubilar organisiert nun sein israelisches Verlagshaus Yediot Achronot ein großes Fest, an dem alles, was in Israel Rang und Namen hat, dabei ist. Natürlich wird auch die Wiener Philosophin Lisa Witasek dabei sein, die Kishon nach dem Tod Sarahs 2002 heiratete. Und auch mit ihr scheint er noch einmal das große Los gezogen zu haben. Denn «Meine Doktorin hat wirklich einen sehr schönen Popo», sagte Kishon kürzlich der «Bunten».

 

Neue Musik Zeitung

 

 

Ephraim Kishon: Erfolgreichster Satiriker der Gegenwart

 

Ephraim Kishon hat mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt nach Verlagsangaben 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine «Familiengeschichten» gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

 

Zu Kishons 80. Geburtstag ist soeben in seinem deutschen Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten erschienen, «Alle Romane». Es enthält seinen ersten Roman «Mein Kamm», mit dem er nach dem Krieg einen landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. «Der Fuchs im Hühnerstall» (1969) erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. Der «Glückspilz» (2003), Kishons zuletzt erschienenes Buch, ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.
In «Nichts zu lachen» (1993) sind die Erinnerungen Kishons versammelt. Der Autor erzählt mit dem für ihn typischen Humor und Sarkasmus von seiner Jugend in Budapest, den schrecklichen Jahren unter dem Nationalsozialismus und seiner Flucht auf dem Todesmarsch, von der Zeit im stalinistischen Ungarn und dem durchaus nicht leichten Neuanfang 1949 in Israel.

 

Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in «Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte meiner Geschichten» gibt der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene «Drehn Sie sich um, Frau Lot!», in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießt, wurde hier zu Lande mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie «Kein Öl, Moses?» (1974), «Paradies neu zu vermieten» (1979) oder «Kishons beste Autofahrergeschichten» (1985).

 

Rhein Mein Nachrichten

18.08.2004

 

 

Das Glückskind

Ephraim Kishon wird am Montag 80

 

Berlin (ddp). Eigentlich ist er ein richtiges Glückskind. Ephraim Kishon ist nicht nur einer der weltweit erfolgreichsten Satiriker, sondern auch Bildhauer, Komponist, dreifacher Golden-Globe-Gewinner, Entwickler eines Schachprogramms und Amateur-Weltmeister im Billard. Am Montag feiert er seinen 80. Geburtstag.

Aber natürlich ist das mit dem Glück so eine Sache. 1924 in Budapest als Sohn des jüdischen Bankdirektors Dezsö Hoffmann geboren, gerät der 20-jährige Ferenc, der weder Jiddisch noch Hebräisch spricht, in die Fänge der Nazis, die ihn ins polnische Vernichtungslager Sobibor verschleppen. Ihm gelingt die Flucht und die Tarnung als Nicht-Jude unter slowakischem Namen. Nach dem Krieg beginnt er in Budapest ein Studium als Metallbildhauer.

 

Schon als Schüler lässt Ferenc schriftstellerisches Talent erkennen. Seine erste Satire schreibt er in den letzten Kriegstagen im Keller eines zerbombten Hauses. Die Geschichte über Glatzköpfe bringt ihm bei einem Romanwettbewerb einer ungarischen Literaturzeitung denn auch den ersten Preis ein. Viele Jahre später greift er den Stoff noch einmal auf und baut ihn zu einem seiner erfolgreichsten Romane «Mein Kamm» (1997) aus.

 

1949 flieht Kishon mit seiner ersten Frau Chawa vor den Kommunisten nach Israel. Im Kibbuz macht er sich zunächst als Elektriker, Pferdeknecht und Latrinenputzer nützlich. Seine Texte schreibt er weiter auf Ungarisch, sie werden - zusammengefasst in dem ersten Buch «Der Neueinwanderer, der uns auf die Nerven geht» - ins Hebräische übersetzt.

Dann aber zieht sich Kishon ein Jahr zurück, widmet sich dem Studium der hebräischen Sprache und beginnt 1952 unter dem Namen «Chad Gadja» (Lämmchen) eine tägliche Kolumne in der israelischen Tageszeitung «Maariv». Die Glosse wird er 30 Jahre lang täglich verfassen.

 

1959, zwei Jahre nach der Trennung von Chawa, heiratet Kishon die «beste Ehefrau von allen», Sara, in New York ausgebildete Pianistin. Und im selben Jahr wählt die «New York Times» Kishons Buch «Drehen Sie sich um, Frau Lot» zum Buch des Monats. Damit ist der Grundstein für Kishons internationale Karriere gelegt. Heute liegt die weltweite Auflage seiner Bücher bei 43 Millionen, davon allein 33 Millionen in Deutschland. Demnächst erscheinen auch in Korea drei neue Kishon-Bücher.

Doch Kishon gibt keine Ruhe. In Tel Aviv gründet er das Theater «Die Grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitet. Für «sein» Haus schreibt und inszeniert er eine Reihe von Stücken, es folgt sein erster Film «Sallah oder Tausche Tochter gegen Wohnung». Auch fürs Drehbuchschreiben zeigt Kishon ein «Händchen». In Deutschland dreht unter anderem die ARD eine 20-teilige Reihe nach seinen Geschichten.

 

Yahoo! Nachrichten

 

 

Ephraim Kishon wird 80 und spricht über Glück und Ängste

»Jetzt kann ich nicht mehr jung sterben...«
Von Ulla Bohn

 

Er ist der meistgelesene Satiriker der Welt: Ephraim Kishon. Am 23. August wird er 80 Jahre alt. »80 ist eine schreckliche Zahl, denn die Zukunft wird immer weniger«, seufzt er, »der einzige Vorteil des Alters: Man kann nicht mehr jung sterben...«

 

Ephraim Kishon, der beliebteste Humorist der Welt, mit BILD-Reporterin Ulla Bohn. Kishon schrieb 70 Bücher (z. B. »Kishons beste Familiengeschichten«, »Der Fuchs im Hühnerstall«, »Mein Kamm«)

Ephraim Kishon - 70 Bücher, übersetzt in 37 Sprachen. Doch am meisten lieben ihn die Deutschen: Von 43 Millionen Gesamtauflage wurden 32 Millionen in Deutschland gekauft! BILD besuchte den Schriftsteller zu Hause in Tel Aviv.

Ein 300-qm-Bungalow im Villenviertel Afeka. Im Garten bohren sich zwei Zedern in den blauen Himmel. An den Wohnzimmerwänden hängen Gemälde israelischer Künstler, in einer Nische steht ein Steinway-Flügel. Doch das wichtigste Möbelstück befindet sich im Keller: ein riesiger Billardtisch - Kishon war mal Weltmeister im Dreiband-Billard!

 

Vom Billardzimmer führt eine Stahltür in den atomsicheren Bunkerraum (ist Vorschrift in Israel). Darin: Fernseher, Kühlschrank, ein Bett.

Das Land, das nie Frieden hat. Und dennoch: »Dass ich hierher gekommen bin, war die weiseste Entscheidung meines Lebens«, sagt Kishon.

 

Er kam 1949, ein ungarischer Jude, dem Holocaust entronnen, vor den Kommunisten geflohen. »Israel ist das einzige Land, in dem ich kein Jude bin - weil hier alle Juden sind«, meint er. »Aus allen Ecken der Welt strömten Menschen herbei, weil sie einen Staat für sich bauen wollten, ein Asyl, wo Juden nicht als verfolgte Minderheit leben müssen. Ein Heim, in dem man sich zu Hause fühlt - und das tue ich hier.«

 

Das halbe Jahr verbringt Kishon hier in Tel Aviv. Den Rest der Zeit in seinem Haus in Appenzell (Schweiz). Immer bei ihm: seine dritte Ehefrau, die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek-Kishon (38). Sie hat er im Februar 2003 geheiratet, ein Jahr nach dem Krebstod seiner zweiten Frau Sara (44 Jahre Ehe). »Saras langsames Sterben mitzuerleben und hilflos daneben zu stehen, das war das Schlimmste in meinem Leben«, sagt er. »Lisa war meine Rettung, ohne sie wäre ich heute einsam und verbittert. Ich musste ihr mein Wort geben, dass ich lange lebe...«

 

Ein typischer Kishon-Tag: Lange schlafen (»Wir sind schließlich ein junges Ehepaar...«), mittags 30 Minuten schwimmen, abends ein Glas verdünnten Tokajer (ungarischer Dessertwein) trinken. Und täglich Büroarbeit: schreiben, übersetzen - »Imperiumsverwaltung«, wie Kishon es nennt. Altersgebrechen? »Treppensteigen dauert länger, aber sonst geht noch alles. Ich brauche kein Viagra...«

 

Abendspaziergang am Strand. Die Sonne versinkt im Meer. »Ich liebe diese Stadt und ihre Menschen«, sagt Kishon, »sie sind frecher, lässiger, lebendiger als anderswo.« Viele erkennen den Schriftsteller - in Israel ist Kishon eine Institution.

Größter Wunsch fürs neue Lebensjahr? Kishon lächelt. »Gesund bleiben. Und glücklich mit Lisa weiterleben...«

 

Bild

 

 

Nicht so laut vor Jericho

Von Thomas Kunze

Der israelische Satiriker Ephraim Kishon begeht am heutigen Montag seinen «erschreckenden» 80. Geburtstag.

 

Ein Verrückter namens Blaumilch entweicht aus der Anstalt und beginnt in der wichtigsten Geschäftsstraße von Tel Aviv, einen Kanal auszuschachten. Die komplette Innenstadt taumelt für Tage ins totale Verkehrschaos. Doch statt den Mann zu stoppen, unterstützt ihn die an sinnlose Projekte gewöhnte Stadtverwaltung begeistert.

 

Der Schöpfer dieser und anderer berühmter Satiren, Ephraim Kishon, wird heute 80 Jahre alt. Der Feier sieht der Humorist mit dem schneeweißen Haupthaar eher beklommen entgegen: «Die Zahl 80 hat für mich etwas Erschreckendes.»

Mit der Geschichte vom «Blaumilchkanal» schaffte der 1924 in Budapest geborene Ephraim Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in Israel. Seither hat er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Satiren wie «Die Kraftprobe» über die Schrecken der Kindererziehung am Exempel seines Söhnchen Amir bestechen durch ihre Mischung aus Lebensnähe und Realabsurdem. Seine Ideen schöpft Kishon aus dem prallen Leben; nicht nur die «beste Ehefrau von allen», Sara, und seine drei Kinder, sondern auch Freunde und Bekannte sind als Gestalten in seinen Büchern verewigt. Der eher konservative Schriftsteller hat allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um die Institution Ehe sowie die grassierende Bürokratie aufgespießt, aber politische Themen meist vermieden.

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc (Franz) ersetzte der Mann mit der Bemerkung «Gibt es nicht» durch Ephraim.

Der Schriftsteller arbeitet am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Er hat mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden und weltweit in einer Auflage von 43 Millionen erschienen. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptet er nicht ohne Koketterie. «Ich glaube, jemand hat mich gern da oben», fügt er hinzu. «Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.»

Tatsächlich war eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um. So empfindet es Ephraim Kishon als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. «Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen», sagt der Träger des Bundesverdienstkreuzes. Den jungen Deutschen gegenüber empfinde er aber keinen Hass, es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen. Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon, der sich selbst als Patriot bezeichnet, einen eher harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch-ungarischen Monarchie vor.

Auf die Frage, warum er sich nicht endlich zur Ruhe setze, hat Kishon einmal geantwortet, weil er dann nichts mehr sei als ein alter verbitterter Schriftsteller. Jetzt will er aber doch etwas weniger arbeiten. Sein Roman «Der Glückspilz» von 2003 soll sein letztes Buch in deutscher Sprache sein.

Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Sara 2002 hat der Satiriker eine dritte Ehe mit der Österreicherin Lisa Witasek geschlossen.

Frankfurter Neue Presse
23.08.2004

 

 

GEBURTSTAG: Ephraim Kishon wird 80

 

Nach der Bibel auf Platz 2

Mit der Geschichte vom "Blaumilchkanal" schaffte der in Budapest geborene Ephraim Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel.

Seitdem hat er weltweit die Lachmuskeln seiner Leserschaft strapaziert: Satiren wie "Die Kraftprobe" über die Schrecken der Kindererziehung am Exempel seines Sohnes Amir bestechen durch die Mischung aus Lebensnähe und Realabsurdem. Nicht nur die "beste Ehefrau von allen" und seine drei Kinder, auch Freunde und Bekannte, sind als Gestalten in seinen Büchern verewigt.

Im Mai 1949 bestieg Ferenc Hoffmann, knapp den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulak Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft in Haifa stutzte der Beamte den Namen auf Kishon. Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung "Gibt es nicht" durch Ephraim.

Als Ironie der Geschichte empfindet er es, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist: "Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen." Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande, so der Satiriker, mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

Mehr als 50 Bücher, in 37 Sprachen übersetzt und in einer Auflage von 43 Mio. erschienen, hat er geschrieben. Seine "Familiengeschichten" sind, abgesehen von der Bibel, das meist verkaufte Buch in hebräischer Sprache.

Am liebsten arbeitet Kishon in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im schweizerischen Appenzell. Doch nun will der Autor, der nach dem Tod seiner Frau Sara 2002 die Österreicherin Lisa Witasek geheiratet hat, doch in Pension gehen: Sein Roman "Der Glückspilz" aus 2003 soll sein letztes Buch sein...

 

 

Zu Hause in Appenzell, Tel Aviv und in Zürich

Runder Geburtstag: Ephraim Kishon wird heute 80 Jahre alt

 

Mit einer Auflage von 41 Millionen ist er der erfolgreichste Satiriker der Welt. Appenzell/Tel Aviv - Dass er aufhört zu schreiben, muss man nicht glauben, sagt sein Verlag, «das sagt er nach jedem Buch». «Am 23. 8. 24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel», schrieb er einmal in einem Lebenslauf. Ephraim Kishon liebt das kleine Land. Vor zwei Jahren hat er aus Liebe zu Israel sogar den Orden «Wider den tierischen Ernst» des Aachener Karnevalsvereins zurückgegeben. Er wollte nicht im selben Verein sein wie Norbert Blüm, der das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser als «hemmungslosen Vernichtungskrieg» kritisiert hatte. Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon einen harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch- ungarischen Monarchie vor.

 

Kishon kam 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest zur Welt. 1944 wurde er nach Polen deportiert. Er konnte fliehen und überlebte - getarnt als Nichtjude - als einziger seiner Familie den Holocaust. 1945 begann er in Budapest ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur und arbeitete in verschiedenen Redaktionen mit. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewann er mit seinem ersten Roman «Mein Kamm» den grossen ungarischen Romanwettbewerb. 1949 emigrierte er nach Israel, lernte Hebräisch und veröffentlichte 1952 erste politische satirische Glossen in dieser Sprache. Ein Jahr später wurde seine erste Komödie «Der Schützling» uraufgeführt. 1959 gründete er das Theater «Die grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitete. In dieser Zeit wurde «Drehn Sie sich um, Frau Lot» Buch des Monats der «New York Times». 1963 erschien Kishons erster Film, 1964 wurde «Sallah» mit zwei Golden Globes ausgezeichnet. Es folgten Oscar-Nominierungen 1964 und 1972. 1985 erhielt er die Goldene Kamera und den «Schlitzohr»-Preis. Der gelernte Kunstschlosser gewann auch einmal die Billard-Weltmeisterschaft und hat ein Schachprogramm entwickelt, das nach jedem Zug den Spieler hänselt.

 

Kishon war über 40 Jahre lang, bis zu ihrem Tod mit der «besten Ehefrau von allen», Sara, verheiratet und hat fünf Enkel von seinen Kindern Rafi, Amir und Renana, die bei der weltweiten Lesergemeinde nicht minder bekannt sind. Vor einem Jahr heiratete der Ungar mit Wohnsitzen in Appenzell, Zürich und Tel Aviv die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek. Zum 80. Geburtstag organisiert sein israelisches Verlagshaus Yediot Achronot ein grosses Fest, an dem «alle wichtigen Persönlichkeiten aus Politik und Kultur teilnehmen werden». Der Verlag gibt zudem eine neue Satirensammlung mit dem Titel «Partachia lelo hafsaka» (Land der Schlampereien) heraus. Der Langen-Müller Verlag nimmt den Geburtstag zum Anlass, Kishons drei Romane «Der Fuchs im Hühnerstall», «Mein Kamm» und «Der Glückspilz» in einem Sammelband herauszugeben. Parallel dazu legt Lübbe 34 Taschenbücher neu auf. Zusätzlich erscheinen die fünf Filme «Sallah - oder: Tausche Tochter gegen Wohnung», «Ervinka», «Der Blaumilchkanal», «Schlaf gut, Wachtmeister» und der «Fuchs im Hühnerstall» unter dem Titel «Ephraim Kishon - Jubiläums-DVD-Edition». (sda)

 

Schaffhauser Nachrichten

Montag 23. August 2004, Diverses

 

 

Von den Parallelen zwischen Schach und Humor

Kishon wird 80 und fühlt sich als letzter Mohikaner

 

Ephraim Kishon (Foto: dpa) wurde mit Büchern wie "Der Blaumilchkanal" oder "Der Fuchs im Hühnerstall" zu einem der populärsten Autoren aller Zeiten. Mehr als 40 Millionen Bücher hat der israelische Satiriker weltweit verkauft. Heute wird er 80 Jahre alt. SZ-Mitarbeiter Alexander Altmann sprach mit ihm.

 

Herr Kishon, wie wird man Humorist?
Sicher nicht durch Vererbung. Denn meine Großväter waren keine Humoristen, sondern Rabbiner. Man wird, glaube ich, einfach geboren mit diesem speziellen Instrument im Kopf, das einen befähigt, das Leben auch aus einem anderem Blickwinkel zu sehen. Humor ist immer auf Realität gebaut, aber der Humorist hat die Fähigkeit, das Absurde an dieser Realität zu bemerken, hat die Fähigkeit zu schrägen Gedanken. Solche Gedanken kommen automatisch. Diese Fähigkeit oder Abweichung ist im Kopf irgendwie drin und verfolgt mich auch dann, wenn ich es nicht möchte.

 

Ist Ihre Leidenschaft für das Schachspiel, das ja mit Humor nicht so viel zu tun hat, insofern eine Art Erholung für Sie?
Es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen Schach und Humor: In beiden Bereichen sind Talent und Neigung nicht genug. Um ein großer Humorist zu werden, muss man sehr viel Erfahrung haben wie auch im Schach. Gari Kasparov hat eine ungeheure Begabung zum Schach, aber er musste etwa 20 Jahre lang lernen, um dieser große Meister zu werden. Er wird immer besser spielen und sich irgendwann fragen, wie konnte ich vor 20 Jahren nur so schlecht spielen. So ist es bei mir auch. Ich habe ja vor 60 Jahren zu schreiben angefangen, und wenn ich heute lese, was ich vor 40 Jahren geschrieben habe, frage ich mich, wie konnte man so primitiv schreiben?

 

Sie sind eigentlich diplomierter Bildhauer. Wie kamen Sie von der Kunst zur Literatur?

Ephraim Kishon

Ja, ich war ein Spezialist für Reliefarbeiten, damals in meinem Geburtsland Ungarn, aber zufällig wurde ich durch einen Roman, den ich nebenbei geschrieben hatte, als Schriftsteller entdeckt. Und daraufhin von der angesehensten satirischen Zeitung Ungarns eingeladen zur ständigen Mitarbeit.

 

Das habe ich auch angenommen - bis ich dann geflohen bin. Dann bin ich in Israel angekommen, einem Land, dessen Sprache ich noch nie gehört hatte. Aber ich habe Hebräisch gelernt, und es ist wieder das Wunder geschehen, das so nötig ist, um Humorist zu werden: Ich wurde von einer großen Zeitung eingeladen, eine tägliche Kolumne zu schreiben. Das habe ich dreißig Jahre lang getan - und dazwischen habe ich Theaterstücke, eine Oper, Hörspiele, Filme gemacht. Dabei wurde ich immer besser und besser - und jetzt bin ich am besten. (lacht). Aber ich habe einen Teil meines Publikums in der ganzen Welt verloren.

 

Wie kommen Sie darauf? Ihre Bücher werden doch millionenfach verkauft.
Ich bin zwar immer noch der meistgelesene Satiriker aller Zeiten, aber die Leute haben aufgehört, Bücher zu lesen. Es sei denn Bücher, die von Bill Clinton geschrieben sind oder von Monica Lewinsky. Aber im Ernst: Der geschriebene Humor, die Methode, Leute mit Buchstaben zum Lachen zu bringen - das ist fast ausgestorben, und Sie sprechen mit dem letzten Mohikaner. Die alte Zeit kommt nicht zurück. Heute spielen Computer, Internet, Video eine Rolle. In Amerika gibt es 400 Fernsehprogramme. Das ist schon ein anderer Planet.

 

Wenn Sie sich zu Ihrem bevorstehenden Geburtstag vom lieben Gott etwas wünschen dürften, was wäre das?
Ich wäre sehr überrascht, wenn ich das dürfte. Aber ich glaube doch, der liebe Gott mag mich gerne, weil ich sehr viel Glück gehabt habe. Etwa das Glück, dass ich nach dem Tod meiner geliebten Frau, mit der ich so lange verheiratet war, nochmal eine wunderbare Frau bekommen habe, eine Österreicherin mit viel Sinn für Humor - darum habe ich sie vielleicht geheiratet. Also ich glaube, ich würde mit dem lieben Gott einen Kompromiss schließen und zu ihm sagen: Weißt Du was, lassen wir alles so, wie es ist. Ich bin zufrieden.

 

Saarbrücker Zeitung

 

 

Ephraim Kishon wird 80

Von Thomas Kunze

 

dpa Tel Aviv (dpa) - Ein Verrückter namens Blaumilch entweicht aus der Anstalt und beginnt in der wichtigsten Geschäftsstraße von Tel Aviv, einen Kanal auszuschachten. Die komplette Innenstadt taumelt für Tage ins totale Verkehrschaos.

 

Doch statt den Mann zu stoppen, unterstützt ihn die an sinnlose Projekte gewöhnte Stadtverwaltung begeistert. Der Schöpfer dieser und anderer berühmter Satiren, der Bestsellerautor Ephraim Kishon, wird am Montag 80 Jahre alt. Der Feier sieht der Humorist mit dem schneeweißen Haupthaar allerdings eher beklommen entgegen: «Die Zahl 80 hat für mich etwas Erschreckendes.»

 

Mit der Geschichte vom «Blaumilchkanal» schaffte der 1924 in Budapest geborene Ephraim Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hat er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Satiren wie «Die Kraftprobe» über die Schrecken der Kindererziehung am Exempel seines Söhnchen Amir bestechen durch ihre Mischung aus Lebensnähe und Realabsurdem.

 

Ideen schöpft er oft aus dem prallen Leben; nicht nur die «beste Ehefrau von allen», Sara, und seine drei Kinder, sondern auch Freunde und Bekannte sind als Gestalten in seinen Büchern verewigt. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller hat allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie aufgespießt, aber politische Themen meist vermieden.

 

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung «Gibt es nicht» durch Ephraim. Viele urkomische Vorfälle hat der Autor am eigenen Leib erlebt, so etwa, als er einmal verspätet bei einer Lesung eintraf und ihm der Türhüter auf die Versicherung «Ich bin doch der Vortragende!» kühl entgegnete: «Das kann ja jeder behaupten.» In «Gibt es einen typisch israelischen Humor?» hat Kishon die Begebenheit auf unnachahmliche Weise ausgeschmückt.

 

Der Schriftsteller arbeitet am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Er hat mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden und weltweit in einer Auflage von 43 Millionen erschienen. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptet er nicht ohne Koketterie. «Ich glaube, jemand hat mich gern da oben», fügt er hinzu. «Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.»

 

Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

 

So empfindet es Ephraim Kishon als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. «Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen», sagt der Träger des Bundesverdienstkreuzes. Den jungen Deutschen gegenüber empfinde er aber keinen Hass, es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

 

Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon, der sich selbst als Patriot bezeichnet, einen eher harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch-ungarischen Monarchie vor.

 

Auf die Frage, warum er sich nicht endlich zur Ruhe setze, hat Kishon einmal geantwortet, weil er dann nichts mehr sei als ein alter verbitterter Schriftsteller. Jetzt will er aber doch in Rente gehen, sein Roman «Der Glückspilz» von 2003 soll sein letztes Buch in deutscher Sprache sein. Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Sara 2002 hatte der Satiriker die Österreicherin Lisa Witasek geheiratet.

 

«Ich bin ein Mensch, der 25 Jahre von links nach rechts geschrieben hat und die nächsten 25 Jahre von rechts nach links», mokierte sich Kishon einst über sich selbst und sein Erlernen der hebräischen Sprache. Dabei habe er sogar neue Worte ins Neuhebräische eingebracht - etwa das Wort «gamsen» für «tödlicher Angriff von hinterrücks» nach dem Theaterkritiker Dr. Gamsu, der seine Theaterstücke regelmäßig verriss.

 

stimme.de

22.08.2004

 

 

Ein Leben im Trotzdem

Der Schriftsteller Ephraim Kishon wird heute 80 Jahre alt
Von Christine Diller

 

Selbst die Entstehung seines Künstlernamens ist eine Satire. Ephraim Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Hoffmann Ferenc geboren. Kishont hatte er sich genannt, als er, jüdischer Bankierssohn, dem Konzentrationslager in Polen entflohen war, mit falschem Namen untertauchte und kurz an den Kommunismus zu glauben begann. Auch diesem entkam er 1949 durch seine Flucht nach Israel. Bei der Einreise vergaß der zuständige Beamte leider das "t" am Ende seines Namens und taufte Ferenc, dessen Vorname in Israel nicht existierte, kurzerhand in Ephraim um.

"Frau Lot" brachte Weltruhm

Ephraim Kishon, ausgebildeter Bildhauer, hatte sich schon an Satiren erprobt, als sein Leben noch eher einer Folge von Tragödien glich. Nach einer gewissen Zeit im Kibbuz verlegte er sich schließlich ganz aufs humoristische Schreiben. Seine ersten Glossen erschienen in den 50er-Jahren in der israelischen Zeitung "Ma'ariv". Mit der Sammlung "Drehn Sie sich um, Frau Lot", 1959 von der New York Times zum Buch des Monats gewählt, begann sein Weltruhm. Heute wird der mit 43 Millionen Auflage wohl berühmteste Satiriker 80 Jahre alt.

 

"Satire ist, wenn man trotzdem weint", heißt es in "Kishon für alle Fälle". Nicht nur Kishons Arbeitshaltung, auch das launische Schicksal umreißt dieser Aphorismus ganz vortrefflich. Besonders charakteristisch ist dieses "trotzdem". Dieser Humor trotz aller schrecklichen Jugenderfahrungen, diese konservative Einstellung trotz aller Kritik an Obrigkeiten jeglicher Art. Der Erfolg seiner Bücher trotz der sich mit den Jahren vermehrenden Unkenrufe der Literaturkritik. Sowie die besondere Beliebtheit im Land der einstigen Verfolger.

 

Während Kishon selbst den Holocaust mit viel Glück überlebte, wurde ein Großteil seiner Familie in Auschwitz ermordet. Heute hat er in Deutschland seine größte und treueste Fangemeinde, denn 32 Millionen Bücher, drei viertel seiner Auflage, wurden allein hier verkauft, was Kishon bewog, sich "Lieblingsautor der Nachkommen meiner Henker" zu nennen.

 

In Israel angekommen, hatte Kishon freilich erst einmal Hebräisch lernen müssen, die Sprache, in der er künftig Bücher verfassen würde: "Ich bin ein Mensch, der 25 Jahre von links nach rechts geschrieben hat und die nächsten 25 Jahre von rechts nach links." Aber auch die andere Schreibrichtung pflegte er dabei noch weiter: Einen Teil seiner Bücher übersetzte er selbst ins Deutsche. Von seiner Vielseitigkeit zeugen im Übrigen, nach seiner eigenen Aussage, eine Reihe von Nebenerfolgen abseits der Satire. Da wäre einmal die Weltmeisterschaft in einer speziellen Disziplin von Dreiband-Billard.

Frauen aus Wien brachten die Liebe

Des Weiteren hat der leidenschaftliche Schachspieler einen Schachcomputer namens "Kishon" entwickelt. Als Hobbygärtner hat er das sandige Nichts um sein Haus in Tel Aviv herum zum Blühen gebracht. Der Filmemacher kam mit "Ervinka" und "Schlaf gut, Wachtmeister" gut an, der Dramatiker mit der "Romeo und Julia"-Fortschreibung "Es war die Lerche". Und der Frauenkenner landete besonders gut bei Österreicherinnen.

 

Schon die erste Frau Eva, mit der Kishon nach Israel aufgebrochen war, kam aus Wien. Die zweite Frau, Sara Lipovitz, wurde durch seine Satiren als "beste aller Ehefrauen" bekannt - was immer das bedeutet bei einem, der sagt: "Hinter einer langen Ehe steckt immer eine sehr kluge Frau." Ein Jahr nach dem Tod der besten entschied Kishon sich 2003 doch noch für eine dritte Ehefrau: für die österreichische Autorin Lisa Witasek, die er heimlich heiratete. Im selben Jahr erscheint sein angeblich letztes von über 50 Büchern: "Der Glückspilz". Jedoch räumt Kishon ein, dass auch Versuche eines Rauchers, sein Laster einzustellen, mitunter mehrfach misslingen.

 

Nicht nur Schriftsteller: Ephraim Kishon ist auch Weltmeister in einer speziellen Disziplin von Dreiband-Billard und leidenschaftlicher Schachspieler.

 

Merkur

 

 

Unversöhnlich - mit dem Alter

Ephraim Kishon: Zum 80.Geburtstag des Satirikers erscheinen seine Filme auf DVD.
Von Bettina Brinker

 

Hamburg - »Ich bin ein hübscher, weißhaariger, älterer Herr. Aber wer sieht sich schon gern in seinem wirklichen Alter?« Ephraim Kishon hätte wohl nichts dagegen, wenn er das Rädchen der Zeit um ein paar Jahrzehnte zurückdrehen könnte. Zumindest behauptet er dies manchmal. Seinen 75. Geburtstag nannte er bereits eine »Katastrophe« und gab an, dass er gern 30 Jahre jünger wäre. »Ich arbeite daran«, erklärte er damals und sagte im selben Atemzug, »den Kampf gegen das Älterwerden« habe er aufgegeben.

Heute, am 23. August, wird der weltbekannte Humorist 80 Jahre alt. (K)ein Grund zur Freude? »Die Zahl 80 hat für mich etwas Erschreckendes«, sagt er. Es gehe ihm dennoch verhältnismäßig gut. »Aber das »verhältnismäßig« muss betont werden. »Versöhnen kann man sich nicht mit dem Alter, allenfalls einen Waffenstillstand schließen.«

Geboren wurde Ephraim Kishon in Budapest, als Hoffmann Ferenc. Schon früh zeichnete sich seine schriftstellerische Begabung ab. Mit sechzehn gewann er den 1. Preis eines ungarischen Novellenwettbewerbs. So richtig spitz wurde seine Feder allerdings erst später. »Humor hilft mehr, seelische Wunden zu heilen, als teure Psychoanalytiker«, bekannte der jüdische Autor, der in einer assimilierten Familie aufwuchs. Von seiner 20-köpfigen Familie überlebten nur seine Eltern und seine Schwester den Holocaust. Eine Kindheit - so Kishon rückblickend - habe er nie gehabt: »Zu viele Schulen. Zu viele Arbeitslager: ungarische, deutsche, russische.«

Nach dem Abitur 1941 konnte Kishon auf Grund der Rassengesetzte der Nazis nicht studieren. Er machte eine Lehre zum Goldschmied. Das Jahr 1944 verbrachte er zwangsweise in Arbeitslagern. 1945 gelang ihm die Flucht aus einem Gefangenentransport. Nach dem Krieg studierte er an der Akademie für Metallskulptur in Budapest.

Dass Hoffmann Ferenc letztlich doch noch ein weltberühmter satirischer Schreiber namens Ephraim Kishon wurde, verdankt er einigen Zufällen. 1948 - in jenem Jahr, als er sein Diplom als Metallbildhauer und Kunsthistoriker in Budapest machte -, schickte seine Tante heimlich seine allererste Satire über "Glatzköpfe" zum Romanwettbewerb einer führenden ungarischen Literaturzeitung. Kishon bekam den ersten Preis, wurde Mitglied des Blattes "Ludas Matyi" und schrieb fortan Theaterstücke, Hörspiele und Satiren.

Ein Jahr später wanderte er als "Kishont" nach Israel ein. Der Beamte am Hafen von Haifa verkürzte den Nachnamen auf Kishon und ersetzte Ferenc mit der Bemerkung "Gibt es nicht" durch Ephraim. So wurde Hoffmann Ferenc 1949 in Israel als Ephraim Kishon "neu geboren" - wie der Humorist es einmal nannte.

Er lernte Hebräisch, heiratete zum zweiten Mal, diesmal die "beste Ehefrau von allen": Sara Lipovitz. Er drehte Filme, verfasste Theaterstücke und mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden und weltweit mit einer Auflage von 43 Millionen erschienen. Über Nacht weltberühmt wurde Kishon 1959, als die "New York Times" sein Buch "Drehen Sie sich um, Frau Lot!" zum Buch des Monats kürte. Für seine Filme, darunter "Der Blaumilchkanal" (1969), bekam er drei Golden Globes und wurde sogar zweimal für den Oscar nominiert. "Ich hatte zu diesen Preisverleihungen ein zwiespältiges Gefühl. Ich dachte mir: Was mache ich hier eigentlich? Ich bin Schriftsteller, ich wollte einfach nur zeigen, dass aus meinen Satiren auch Filme werden können", erinnert sich Kishon. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese Filme zu Kultfilmen würden. Zu meinem Geburtstag erscheinen alle diese Filme auf DVD. Das macht mir große Freude." Aber nicht nur seine Filme, auch die Romane sind pünktlich zum 80. Geburtstag in einem Sammelband ("Alle Romane", Langen Müller Herbig) erschienen.

Kishon hat mit seinen Satiren, in denen er von den Widrigkeiten des Alltags seiner Wahlheimat (vom Nachbarschaftskrach über Erziehungsprobleme bis hin zu den Auseinandersetzungen mit der »besten Ehefrau von allen«) berichtet, das Bild Israels in Deutschland nachhaltig geprägt. Bescheiden ist der dreifache Vater und fünffache Großvater, der nach dem Tod seiner Frau Sara 2003 die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek heiratete, dennoch geblieben (zumindest tut er so). »Ich glaube, jemand hat mich gern da oben«, erklärt er seinen Erfolg und ergänzt im Hinblick auf seinen Geburtstag: »Andernfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.« Gefeiert wird heute bestimmt trotz der »erschreckenden« Zahl. »Auch wenn man schon viele Geburtstage hinter sich hat, tut man so, als hätte man den Nobelpreis gewonnen.«

 

Hamburger Abendblatt

23. August 2004 in Kultur/ Medien

 

 

Ephraim Kishon wird 80 Jahre alt

Der erfolgreichste Satiriker der Welt wird wohl weiter schreiben

 

Wahlschweizer Ephraim Kishon an seinem Schreibtisch in seinem Haus in Appenzell.

sda. Mit einer Auflage von 41 Millionen ist Ephraim Kishon der erfolgreichste Satiriker der Welt. Dass er aufhört zu schreiben, muss man nicht glauben, sagt sein Verlag, «das sagt er nach jedem Buch». Heute Montag wird der Wahlschweizer Ephraim Kishon 80 Jahre alt.

 

«23. 8. 24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel», schrieb er einmal in einem Lebenslauf. Kishon liebt das kleine Land, das so schmal ist, dass an den Zugsfenstern geschrieben steht «Bitte nicht nach Jordanien hinauslehnen». Vor zwei Jahren hat er aus Liebe zu Israel sogar den Orden «Wider den tierischen Ernst» des Aachener Karnevalsvereins zurückgegeben. Er wollte nicht im selben Verein sein wie Norbert Blüm, der das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser als «hemmungslosen Vernichtungskrieg» kritisiert hatte.

Harter Standpunkt in der Palästinenserfrage

Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon einen eher harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch-ungarischen Monarchie vor.

Knapp der Vernichtung entgangen

Ephraim Kishon kam am 23. August 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest zur Welt. 1944 wurde er nach Polen deportiert. Er konnte fliehen und überlebte - getarnt als Nichtjude - als einziger seiner Familie den Holocaust. 1945 begann er in Budapest ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur und arbeitete in verschiedenen Redaktionen mit. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewann er mit seinem ersten Roman «Mein Kamm» den grossen ungarischen Romanwettbewerb.

1949 emigrierte er nach Israel, lernte Hebräisch und veröffentlichte 1952 erste politische satirische Glossen in dieser Sprache. Ein Jahr später wurde seine erste Komödie «Der Schützling» uraufgeführt. 1959 gründete er das Theater «Die grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitete.

In dieser Zeit wurde «Drehn Sie sich um, Frau Lot» Buch des Monats der «New York Times». Und das in einer Stadt, von der Kishon gesagt hat, «Es gibt nur ein New York. Gott sei Dank».

Auch Filmemacher und Billard-Weltmeister

1963 erschien Kishons erster Film, 1964 wurde «Sallah» mit zwei Golden Globes ausgezeichnet. Es folgten Oscar-Nominierungen 1964 und 1972. 1985 erhielt er die Goldene Kamera und den «Schlitzohr»-Preis. Der gelernte Kunstschlosser gewann auch einmal die Billard-Weltmeisterschaft und hat ein Schachprogramm entwickelt, das nach jedem Zug den Spieler hänselt.

 

Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der berühmten «besten Ehefrau von allen» Sara verheiratet und hat fünf Enkel von seinen Kindern Rafi, Amir und Renana, die bei der weltweiten Lesergemeinde nicht minder bekannt sind. Vor einem Jahr heiratete der Ungar mit Wohnsitzen in Appenzell, Zürich und Tel Aviv, die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

Grosses Fest mit viel Prominenz

Zum 80. Geburtstag organisiert sein israelisches Verlagshaus Yediot Achronot ein grosses Fest, an dem laut Homepage «alle wichtigen Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Medien teilnehmen werden». Der Verlag gibt ausserdem eine neue Satirensammlung mit dem Titel «Partachia lelo hafsaka» («Land der Schlampereien») heraus.

Der Langen-Müller Verlag nimmt den Geburtstag zum Anlass, Kishons drei Romane «Der Fuchs im Hühnerstall», «Mein Kamm» und «Der Glückspilz» in einem Sammelband unter dem Titel «Alle Romane» herauszugeben. Parallel dazu legt Lübbe 34 bekannte Bücher als Taschenbücher neu auf.

DVD-Jubiläums-Edition

Zusätzlich erscheinen die fünf Filme «Sallah - oder: Tausche Tochter gegen Wohnung», «Ervinka», «Der Blaumilchkanal», «Schlaf gut, Wachtmeister» und der «Fuchs im Hühnerstall» unter dem Titel «Ephraim Kishon - Jubiläums-DVD-Edition».

 

Züricher Oberland

 

 

Mit Satire und Humor: Ephraim Kishon wird 80

Der erfolgreichste Satiriker der Welt wird wohl weiter schreiben

 

Wahlschweizer Ephraim Kishon an seinem Schreibtisch in seinem Haus in Appenzell.

sda. Mit einer Auflage von 41 Millionen ist Ephraim Kishon der erfolgreichste Satiriker der Welt. Dass er aufhört zu schreiben, muss man nicht glauben, sagt sein Verlag, «das sagt er nach jedem Buch». Heute Montag wird der Wahlschweizer Ephraim Kishon 80 Jahre alt.

 

«23. 8. 24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel», schrieb er einmal in einem Lebenslauf. Kishon liebt das kleine Land, das so schmal ist, dass an den Zugsfenstern geschrieben steht «Bitte nicht nach Jordanien hinauslehnen». Vor zwei Jahren hat er aus Liebe zu Israel sogar den Orden «Wider den tierischen Ernst» des Aachener Karnevalsvereins zurückgegeben. Er wollte nicht im selben Verein sein wie Norbert Blüm, der das Vorgehen Israels gegen die Palästinenser als «hemmungslosen Vernichtungskrieg» kritisiert hatte.

Harter Standpunkt in der Palästinenserfrage

Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon einen eher harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch-ungarischen Monarchie vor.

Knapp der Vernichtung entgangen

Ephraim Kishon kam am 23. August 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest zur Welt. 1944 wurde er nach Polen deportiert. Er konnte fliehen und überlebte - getarnt als Nichtjude - als einziger seiner Familie den Holocaust. 1945 begann er in Budapest ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur und arbeitete in verschiedenen Redaktionen mit. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewann er mit seinem ersten Roman «Mein Kamm» den grossen ungarischen Romanwettbewerb.

1949 emigrierte er nach Israel, lernte Hebräisch und veröffentlichte 1952 erste politische satirische Glossen in dieser Sprache. Ein Jahr später wurde seine erste Komödie «Der Schützling» uraufgeführt. 1959 gründete er das Theater «Die grüne Zwiebel», das er bis 1962 leitete.

In dieser Zeit wurde «Drehn Sie sich um, Frau Lot» Buch des Monats der «New York Times». Und das in einer Stadt, von der Kishon gesagt hat, «Es gibt nur ein New York. Gott sei Dank».

Auch Filmemacher und Billard-Weltmeister

1963 erschien Kishons erster Film, 1964 wurde «Sallah» mit zwei Golden Globes ausgezeichnet. Es folgten Oscar-Nominierungen 1964 und 1972. 1985 erhielt er die Goldene Kamera und den «Schlitzohr»-Preis. Der gelernte Kunstschlosser gewann auch einmal die Billard-Weltmeisterschaft und hat ein Schachprogramm entwickelt, das nach jedem Zug den Spieler hänselt.

 

Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der berühmten «besten Ehefrau von allen» Sara verheiratet und hat fünf Enkel von seinen Kindern Rafi, Amir und Renana, die bei der weltweiten Lesergemeinde nicht minder bekannt sind. Vor einem Jahr heiratete der Ungar mit Wohnsitzen in Appenzell, Zürich und Tel Aviv, die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

Grosses Fest mit viel Prominenz

Zum 80. Geburtstag organisiert sein israelisches Verlagshaus Yediot Achronot ein grosses Fest, an dem laut Homepage «alle wichtigen Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Medien teilnehmen werden». Der Verlag gibt ausserdem eine neue Satirensammlung mit dem Titel «Partachia lelo hafsaka» («Land der Schlampereien») heraus.

Der Langen-Müller Verlag nimmt den Geburtstag zum Anlass, Kishons drei Romane «Der Fuchs im Hühnerstall», «Mein Kamm» und «Der Glückspilz» in einem Sammelband unter dem Titel «Alle Romane» herauszugeben. Parallel dazu legt Lübbe 34 bekannte Bücher als Taschenbücher neu auf.

DVD-Jubiläums-Edition

Zusätzlich erscheinen die fünf Filme «Sallah - oder: Tausche Tochter gegen Wohnung», «Ervinka», «Der Blaumilchkanal», «Schlaf gut, Wachtmeister» und der «Fuchs im Hühnerstall» unter dem Titel «Ephraim Kishon - Jubiläums-DVD-Edition».

 

Züricher Oberland

 

 

Mit Satire und Humor: Ephraim Kishon wird 80

Wahlschweizer Ephraim Kishon an seinem Schreibtisch in seinem Haus in Appenzell.

Der Schöpfer berühmter Satiren, der Bestsellerautor Ephraim Kishon, wird am Montag 23. August 80 Jahre alt. Der Feier sieht der Humorist mit dem schneeweißen Haupthaar allerdings eher beklommen entgegen: »Die Zahl 80 hat für mich etwas Erschreckendes.«

 

Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte der 1924 in Budapest geborene Ephraim Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hat er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Satiren wie »Die Kraftprobe« über die Schrecken der Kindererziehung am Exempel seines Söhnchen Amir bestechen durch ihre Mischung aus Lebensnähe und Realabsurdem. Ideen schöpft er oft aus dem prallen Leben; nicht nur die »beste Ehefrau von allen«, Sara, und seine drei Kinder, sondern auch Freunde und Bekannte sind als Gestalten in seinen Büchern verewigt.

Der als eher konservativ geltende Schriftsteller hat allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um die Institution der Ehe sowie die grassierende Bürokratie aufgespießt, aber politische Themen meist vermieden. Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulak Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung »Gibt es nicht« durch Ephraim.

Viele urkomische Vorfälle hat der Autor am eigenen Leib erlebt, so etwa, als er einmal verspätet bei einer Lesung eintraf und ihm der Türhüter auf die Versicherung »Ich bin doch der Vortragende!« kühl entgegnete: »Das kann ja jeder behaupten.« In »Gibt es einen typisch israelischen Humor?« hat Kishon die Begebenheit auf unnachahmliche Weise ausgeschmückt.

 

Südtirol Online

 

 

Ephraim Kishon wird 80

Von Thomas Kunze

 

Tel Aviv - Ein Verrückter namens Blaumilch entweicht aus der Anstalt und beginnt in der wichtigsten Geschäftsstraße von Tel Aviv, einen Kanal auszuschachten. Die komplette Innenstadt taumelt für Tage ins totale Verkehrschaos.

Doch statt den Mann zu stoppen, unterstützt ihn die an sinnlose Projekte gewöhnte Stadtverwaltung begeistert. Der Schöpfer dieser und anderer berühmter Satiren, der Bestsellerautor Ephraim Kishon, wird am Montag 80 Jahre alt. Der Feier sieht der Humorist mit dem schneeweißen Haupthaar allerdings eher beklommen entgegen: «Die Zahl 80 hat für mich etwas Erschreckendes.»

Mit der Geschichte vom «Blaumilchkanal» schaffte der 1924 in Budapest geborene Ephraim Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hat er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Satiren wie «Die Kraftprobe» über die Schrecken der Kindererziehung am Exempel seines Söhnchen Amir bestechen durch ihre Mischung aus Lebensnähe und Realabsurdem.

Ideen schöpft er oft aus dem prallen Leben; nicht nur die «beste Ehefrau von allen», Sara, und seine drei Kinder, sondern auch Freunde und Bekannte sind als Gestalten in seinen Büchern verewigt. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller hat allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie aufgespießt, aber politische Themen meist vermieden.

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung «Gibt es nicht» durch Ephraim. Viele urkomische Vorfälle hat der Autor am eigenen Leib erlebt, so etwa, als er einmal verspätet bei einer Lesung eintraf und ihm der Türhüter auf die Versicherung «Ich bin doch der Vortragende!» kühl entgegnete: «Das kann ja jeder behaupten.» In «Gibt es einen typisch israelischen Humor?» hat Kishon die Begebenheit auf unnachahmliche Weise ausgeschmückt.

Der Schriftsteller arbeitet am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Er hat mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden und weltweit in einer Auflage von 43 Millionen erschienen. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptet er nicht ohne Koketterie. «Ich glaube, jemand hat mich gern da oben», fügt er hinzu. «Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.»

Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

So empfindet es Ephraim Kishon als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. «Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen», sagt der Träger des Bundesverdienstkreuzes. Den jungen Deutschen gegenüber empfinde er aber keinen Hass, es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

Im Konflikt mit den Palästinensern vertritt Kishon, der sich selbst als Patriot bezeichnet, einen eher harten Standpunkt. Er sei aber sicher, dass «nach Arafat» Frieden erreicht werden könne. Ihm schwebe ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern nach dem Vorbild der österreichisch-ungarischen Monarchie vor.

Auf die Frage, warum er sich nicht endlich zur Ruhe setze, hat Kishon einmal geantwortet, weil er dann nichts mehr sei als ein alter verbitterter Schriftsteller. Jetzt will er aber doch in Rente gehen, sein Roman «Der Glückspilz» von 2003 soll sein letztes Buch in deutscher Sprache sein. Ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Sara 2002 hatte der Satiriker die Österreicherin Lisa Witasek geheiratet.

«Ich bin ein Mensch, der 25 Jahre von links nach rechts geschrieben hat und die nächsten 25 Jahre von rechts nach links», mokierte sich Kishon einst über sich selbst und sein Erlernen der hebräischen Sprache. Dabei habe er sogar neue Worte ins Neuhebräische eingebracht - etwa das Wort «gamsen» für «tödlicher Angriff von hinterrücks» nach dem Theaterkritiker Dr. Gamsu, der seine Theaterstücke regelmäßig verriss. (dpa)

 

Kölnische Rundschau

22.08.2004 10:42 Uhr