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Biographien Kishon für Eilige

 

 

Ephraim Kishon (1924-2005)

Kindheit und Jugend

Ephraim Kishon (gest. 29. Januar 2005 in Appenzell) wird am 23. August 1924, als Ferenc (Franz) Hoffmann in Budapest geboren.

Ferences Vater Dezsö (oder auch David/Desider) ist Bankdirektor, seine Mutter Elisabeth (geb. Steiner) vormals dessen Sekretärin. Vater Hoffmann hatte in Wien Wirtschaft und Jura studiert und spricht deshalb fließend Deutsch. Ferenc hat eine Schwester, Agnes. Die Familie ist vollkommen assimiliert und so lernt er in seiner Jugend weder Jiddisch noch Hebräisch. Seine Eltern, ungarische Patrioten, machen nur eine Konzession an die jüdische Familientradition: dass Ferenc die Bar-Mizwa feiern soll.

 

Schon früh zeichnet sich seine spätere Berufung zum Schriftsteller ab - so erlangt er 1940 den 1. Preis des ungarischen Novellenwettbewerbs für Mittelschüler. Nachdem er das Abitur im Jahre 1941 mit Auszeichnung bestanden hat, kann er aufgrund der soeben eingeführten Judengesetze nicht studieren, und beginnt deshalb 1942 eine Lehre als Goldschmied. Im selben Jahr beendet er ein Studium an der Handelsakademie.

Drittes Reich

Nachdem sein Vater schon 1942 in ein Arbeitslager geschickt worden war, wird Ende 1944 auch Ferenc mit 220 anderen ehemaligen Gymnasiasten Budapests in ein Arbeitslager in der Nähe der slowenischen Stadt Jolsva deportiert. Der Todesmarsch dorthin dauert drei Wochen. Nicht nur wer nicht mehr mitkam wurde erschossen: die jungen Männer sind jederzeit der Willkür der ungarischen Gendarmen ausgeliefert.

 

Einmal beschließt der Feldwebel, jeden Zehnten der Gruppe zu erschießen. Er entscheidet sich für die Brillenträger. Später hat Kishon über diese Szene geschrieben: »Er machte einen Fehler, er ließ einen Satiriker am Leben.«

 

1945 Vor der Überschreitung der polnischen Grenze flieht Kishon aus dem Gefangenentransport und überlebt getarnt als Nichtjude. Zu diesem Zweck nimmt er den Namen eines slowakischen Arbeiters namens Stanko Andras an. Von seiner 20-köpfigen Familie bleiben nur die Eltern und die Schwester am Leben. Nach der Befreiung Budapests gerät Kishon beinahe in Kriegsgefangenschaft (!) nach Weißrussland, kann jedoch fliehen. Kishon berichet:
Nachdem wir einige Tage lang von einem zerstörten Dorf zum nächsten marschiert waren, brachte man uns in ein verfallenes Haus zum Ausruhen. Wir sanken auf den Boden und streckten unsere schmerzenden Beine aus. Was aber machte Ferike, als der Wächter dann wieder zum Aufbruch blies? Er tat so, als halte er mit dem Kinn auf der Brust, ein Nickerchen. Alle standen auf und gingen hinaus, nur er blieb schlafend sitzen. Falls man mich entdecken sollte, sagte ich mir, dann werde ich völlig überrascht aus dem Schlaf hochschrecken. Meine Abwesenheit wurde aber nicht bemerkt. Der Gefangenenmarsch setzte sich in Bewegung, und ich schlich mich in die entgegengesetzte Richtung davon, nach Hause.

 

Kishon hatte letztendlich in ungarischen, deutschen und sowjetischen Arbeitslagern gelebt.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg beginnt Kishon ein Studium an der Akademie für Metallskulptur (kunstgeschichtliche Fakultät Universität Budapest). 1946 heiratet er Chawa (Eva/Ava) Klamer. 1948 macht er dort auch sein Diplom als Metallbildhauer und Kunsthistoriker.

 

Im selben Jahr schickt Ephraim Kishons Tante Anna ohne sein Wissen seine allererste Satire zu einem landesweiten Romanwettbewerb der führenden ungarischen Literaturzeitung »Welt« - er bekommt den ersten Preis. Diese, seine erste Satire hatte Ephraim Kishon im Keller eines zusammengebombten Hauses geschrieben, während über ihm Granaten hagelten. Es handelt sich dabei um eine kleine Orwell`sche Satire über eine imaginäre Partei, deren Ziel die totale Vernichtung ist, die Vernichtung von Glatzköpfen.

 

Die Satire wird jedoch niemals veröffentlicht. Erst nach der Juryentscheidung fällt den Beteiligten ein, dass der damalige Diktator Ràkosi Màtyàs so kahl ist wie eine polierte Billiardkugel. Später schreibt Ephraim Kishon, basierend auf dieser Satire, seinen Roman »Mein Kamm«. Obwohl die Satire nie veröffentlicht wird, wird Kishon über diesen Weg Redaktionsmitglied des satirischen Blattes »Ludas Matyi«. Er beginnt Theaterstücke, Hörspiele und Satiren zu schreiben.

Auswanderung nach Israel

Seit 1949 lebt der »freie Kishont« nach einer spektakulären Flucht aus dem »freien Ungarn« in Israel. Kishon verlässt Ungarn nicht aus finanzieller Not. Im Gegenteil. Als Mitarbeiter von Ludas Matyi genießt er finanzielle und andere Privilegien. Seine Sketche werden auf Kleinkunstbühnen aufgeführt, eine Sammlung seiner Sketche soll als Buch erscheinen. Als Kishon jedoch von Erziehungsminister Révai den Auftrag bekommt, ein Musical »Über die Führungsrolle des industriellen Proletariats« zu schreiben, fällt sein Entschluss Ungarn zu verlassen. Er lässt sein Vaterland, seine Muttersprache, eine ausgezeichnete Stellung, ein ansehnliches Einkommen zurück und geht in die Wüste, ins Ungewisse. »Nur der Kommunismus machte so ein Wunder möglich.«

 

Ihr Hab und Gut lassen Ephraim Kishon und seine Frau Chawa bei Freunden zurück. Die Ausreise aus Ungarn ist verboten, aber aus Tschechien darf man ausreisen. So bemühen sie sich um eine Ausreisegenehmigung nach Prag, um eine Ausstellung zu besuchen. Sie nehmen an der letzten und einzigen Gruppenreise teil, die per Bahn ins Ausland führt. Mit Hilfe der »Flucht« (Geheimorganisation, die eine halbe Million Juden nach Israel schmuggeln konnte) können sie über Bratislava (Preßburg), Wien, Italien, Bari nach Israel geschmuggelt werden. Mit dem Flüchtlingsschiff »Galiläa« erreichten sie schließlich Israel. Die Galiläa - für 300 Menschen ausgelegt - muss dabei mit 3000 Menschen an Bord übersetzen.

 

Der Film »Salach Schabati«

Kishon wird im Durchgangslager (Maabara) »Tor zu Heimat« (שער העלייה - wörtlich: Tor des Aufstiegs), in der Nähe von Haifa untergebracht und lebt dort mit Chawa zusammen mit einer elfköpfigen marokkanischen Familie in einer Baracke. Das Familienoberhaupt Sa'adja - von Beruf Lokomotivführer, wobei er noch nie Lokomotive gefahren ist - erwacht später auf Kishons Schreibtisch zu neuen Leben als »Sallach Shabati«, der Nationalheld seines Theaterstücks, seines Filmes und seines Musicals. Kishon erlaubte sich seinen Beruf in den eines Schusters zu ändern, der noch nie eine Leiste gesehen hat.

Anfangsjahre in Israel

1950 zieht Kishon in das Kibbuz Kfar Hachoresch bei Nazareth. Dort arbeitet er als Elektriker, Agrarknecht, Pferdeknecht und - man höre und staune - Latrinenreiniger. Außerdem beginnt er für die Zeitung »Uj Kelet«, die in ungarischer Sprache erscheint, zu schreiben. Seine ersten in Israel geschriebenen Geschichten werden ins Hebräische übersetzt und in einem Buch mit dem Titel »Der Neueinwanderer, der uns auf die Nerven geht« (Ha-Oleh ha-jored Le-Hajenu) zusammengefasst. 1951 eröffnet er mit zwei Freunden die Werkstatt »Daru« in Pardes Hanna. Doch seine Tätigkeit als Schlosser und Mechaniker ist nicht von langer Dauer - im selben Jahr tritt er in die Redaktion von Uj Kelet ein.

 

Was jetzt folgt ist die Geschichte eines Mönchs: 1952 widmet Kishon sich ein ganzes Jahr dem Studium der hebräischen Sprache. Er lebt in absoluter Askese einem kleinen kargen Zimmer in der staatlichen Schule »Ulpan Ezion«. Im selben Jahr beginnt er in der Zeitung »Maariv«, der größten israelischen Tageszeitung, unter dem Namen »Chad Gadja« (Lämmchen) eine tägliche Kolumne zu schreiben. Diese tägliche Glosse schreibt er 30 Jahre lang. Im Jahre 1953 führt er »Der Schützling« (שמו הולך לפניו - Shmo Holech Lefanav - His Name Precedes Him) - eine bissige Satire über Beamtenkorruption - im Nationaltheater »Habima« auf (englischer Titel: His Name Precedes Him). 1957 wird sein erster Sohn Rafael geboren, doch seine Ehe mit Chawa zerbricht.

Jahre des Erfolgs

1959 heiratet Ephraim Kishon die »beste Ehefrau von allen«: Sara (geb. Lipovitz). Sara ist Absolventin der Julliard School in New York, wo sie als Pianistin ausgebildet worden war. Die »New York Times« wählt »Look Back Mrs. Lot« - zu deutsch »Drehn sie sich um, Frau Lot« - zum »Book of the Month«. Damit beginnt Ephraim Kishons internationale Karriere. Im selben Jahr gründet er sein eigenes Theater »Die Grüne Zwiebel« in Tel Aviv, das er bis 1962 leitet. Als eine der wenigen Theater wird dieses nicht wegen roter Zahlen geschlossen. Von 1959- 1962 schreibt und inszeniert Ephraim Kishon 10 (andere Quellen: 6/8) abendfüllende Theaterstücke in Israel und im Ausland. 1963 entsteht sein erster von neun (bzw. zwölf) Filmen: »Sallah oder Tausche Tochter gegen Wohnung«.

Familienleben

1964 wird Amir geboren - 1968 Geburt von Renana (beide zugegebenermaßen leider rothaarig- wie König David). Sara eröffnet 1971 ihre eigene Kunstgalerie in Tel Aviv. 1981 erwirbt Kishon sein Haus in Appenzell in der Schweiz. Seine Heimat und erster Wohnsitz bleibt aber weiterhin Afeka bei Tel Aviv. Kishons erster Sohn Rafael schließt sein Studium der Veterinärmedizin in Deutschland ab. Amir promoviert an der Yale Universität in Computerwissenschaft. Und Renana wird erfolgreiche Grafikerin. Sie illustrierte das Kinderbuch ihres Vaters: »Ein Schnuller mit dem Namen Zezi.« 1991-1992-1998-2000-2001 erblicken seine Enkel Eyal alias Rudi (von Rafi), Eran (von Amir), Alma (von Renana), Michael (von Amir) und Gaya (von Rafi) das Licht der Welt. Im Frühjahr 2002 stirbt die »beste Ehefrau von allen«, Sarah. Im Jahr darauf heiratete Ephraim Kishon die Wienerin Lisa Witasek.

 

Am 29. Januar 2005 stirbt Ephraim Kishon an einem Herzanfall.