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Die Presse zum Tod Ephraim Kishons

 

 

 

 

 

 

 

 

Ephraim Kishon feiert am 23. August seinen 80. Geburtstag

Von Thomas Kunze

 

Wir sprachen mit ihm über sein Leben, die Wurzeln seines Humors und seine Liebe zu Israel

Herr Kishon, als Sie 50 waren, haben Sie sich einen Herzinfarkt zur rechten Zeit gewünscht. Wie sehen Sie das heute?

Kishon: Ich hatte inzwischen schon einen Infarkt, allerdings nur einen kleinen, unsymptomatischen. Ich bin für mein Alter gesund. Ich gehe regelmäßig schwimmen. In meiner Jugend in Budapest war ich eine Nachwuchshoffnung im Schmetterlingsstil, solange uns Juden erlaubt war, die Badeanstalten zu besuchen. Als die Verfolgungen unter den Nazis einsetzten, konnte ich mich nicht mehr im Schwimmen, sondern nur noch im Laufen und Verstecken üben.

 

Was wünschen Sie sich zum 80. Geburtstag?

Einmal hatte ich einen Nierenstein, den ich Albert nannte. Als ich ihn hatte, wusste ich, was die wichtigste Sache im Leben ist: Keinen Nierenstein haben.

 

Jetzt mal im Ernst...

Das ist mein Ernst! Alle Welt fragt mich zurzeit wegen dieser absurden Geburtstagsfeier - als wäre es ein großes Kunstwerk, dass ich 80 geworden bin. Ich möchte nur gesund und reich sein. Wenn ich zwischen literarischem Ruhm nach meinem Tode und billigem Erfolg zu Lebzeiten wählen könnte, entschiede ich mich leichten Herzens für Letzteres.

 

Können sich Ihre deutschen Leser über eine neue Veröffentlichung freuen?

Ach, wissen Sie, ein Buch ist eine Ware, die man verkaufen muss. Ich müsste wieder Interviews geben und mich dem Fernsehen stellen. Die Werbung wird ja leider immer wichtiger. Ich denke, der 2003 in Deutschland erschienene Roman »Der Glückspilz« ist mein letztes Buch. Außerdem ist in Israel so viel in Bewegung, dass ich ständig darüber zu schreiben habe und so ständig beschäftigt bin. Das können Sie sich gar nicht vorstellen!

 

Oh doch, bei uns wird sehr viel über Israel berichtet!

Aus den Medien bekommen Sie ein ganz falsches Bild. Sie könnten annehmen, dass wir wie im Luftschutzkeller leben. Das ist ein falscher Eindruck. Wenn Sie nachts um drei Uhr in Tel Aviv auf die Straßen gehen, herrscht regelrechter Stau. Sie haben Mühe, einen Platz im Restaurant zu finden. Wir leben in großer Spannung, wie im Kriegszustand, aber das tun wir schon seit ungefähr 25 Jahren. Allmählich gewöhnt man sich daran, etwa so wie Sie in Deutschland an Verkehrsunfälle gewöhnt sind. Wir tun unser Bestes, um aus dieser scheinbar aussichtslosen Situation herauszukommen, um Frieden mit den Palästinensern zu erreichen.

 

Warum, glauben Sie, ist das bisher noch nicht gelungen?

Die Palästinenser könnten seit Oslo (1993 und 1995 wurden in Oslo Abkommen unterzeichnet, die unter anderem die palästinensische Selbstverwaltung und den israelischen Truppenabzug regeln sollten) mit uns Frieden haben. Sie könnten ihre Kinder in die Schule schicken, Häuser bauen, Kulturinstitute errichten. Leider haben sie keinen Mandela, sondern einen Arafat, der keinen Frieden will. Der Alptraum dieses alten Mannes ist ein palästinensischer Staat, denn dann würde all die Korruption aufgedeckt und mit seiner Macht wäre es zu Ende.

 

Sie gelten als Patriot, der Kritik an seinem Land nicht sonderlich mag.

Ich bin oft gefragt worden, warum ich Israel so liebe. Israel ist der einzige Staat auf der Welt, wo ich kein Jude bin. Ich bin sehr glücklich, dass ich zu der ersten jüdischen Generation seit 2000 Jahren gehöre, die keine verfolgte und verachtete Minderheit sind, sondern stolze Bürger eines wunderbaren Landes. Das sollte man mir nicht als Chauvinismus auslegen. Mir geht es um Frieden und Sicherheit für den Staat, in dem die Überlebenden des Holocausts Zuflucht gefunden haben.

Sehen Sie, als Jugendlicher sprach und träumte ich ungarisch, mein Judentum war für mich nebensächlich. Ich war ein ungarischer Patriot, bis mich die ungarischen Nazis gewaltsam vom Gegenteil überzeugten. Der Antisemitismus ist für mich ein zentrales Problem. Darauf bin ich im Zweiten Weltkrieg und der Nazizeit, auf dem Todesmarsch ins Vernichtungslager gestoßen worden. Heute habe ich kapituliert, ich habe den Kampf gegen den Antisemitismus aufgegeben. Er ist eine pathologische Krankheit in Europa.

 

Ist es für Sie eine Genugtuung, dass Sie gerade in Deutschland ein so großes und treues Publikum haben?

Ja, dass die Enkelkinder unserer Henker in meinen Signierstunden Schlange stehen, ist mir eine Genugtuung - für den Naziterror, für die Bücherverbrennungen, für Goebbels. Aber inzwischen lebt eine dritte Generation in Deutschland, und ich habe viele deutsche Freunde. Ich hege Hass und Verachtung für die Nazis, aber nicht für ihre Enkel. Es gibt keine kollektive Schuld, es gibt nur kollektive Schande. Ob der Einzelne wirklich Schande empfindet, ist seine Privatsache.

 

Die beste Ehefrau von allen, Ihre Kinder, Freund Jossele oder die Nachbarn Selig sind einer weltweiten Lesergemeinde vertraut...

Stellen Sie sich vor, ich bin zum Beispiel in Korea sehr populär. Dort ist von mir »Picassos süße Rache« - meine Abrechnung mit der modernen Kunst - ein Renner. Ich begreife das nicht. Mag sein, dass es daran liegt, dass sich meine Bücher mit ewigen Fragen beschäftigen. Kanzler kommen, Kanzler gehen, aber die Hunde bleiben, die Brille bleibt und die Kinder bleiben. Aber was war eigentlich Ihre Frage? Verzeihen Sie, manchmal machen meine Gedanken Seitensprünge.

 

Ist Ihnen der Humor in die Wiege gelegt?

Nein, Pavarottis Vater war ja auch nicht Sänger, sondern Bäcker. Es kommt nicht aus den Genen. Meine Vorfahren waren weltberühmte Rabbiner. Mein Ururgroßvater kannte den Talmud auswendig, der so lang ist wie die Encyclopedia britannica. Er galt als Wunderrabbi, vergleichbar mit dem Papst bei den Katholiken, aber Humor hatte er nicht. Es ist eine mysteriöse Sache, wie etwa bei den Leuten, die das absolute Gehör haben. Ich bin wie Albert Einstein.

 

Inwiefern?

Er hat mal sinngemäß gesagt: Je tiefer ich in die Geheimnisse des Universums eindringe, desto klarer wird mir, dass ich keine Ahnung habe. Er war ein ziemlich ernster Kerl, aber er hatte auch Humor. Humor und Wahrheit sind Brüder. Auch ich nehme alles nicht so ernst.

 

Haben Sie eine Erklärung für Ihren einzigartigen Erfolg!
Schauen Sie, mein großer Welterfolg ist ein Zufall. Ich bin nicht so dumm, dass ich glaube, ich sei so großartig. Und wenn, dann gibt es viele, die so großartig sind wie ich, nur dass sie keine 43 Millionen Bücher verkauft haben, sondern nur 820. Nein, es ist etwas Unverständliches daran, nennen Sie es Glück. Mein größter Erfolg sind die »Besten Familiengeschichten«, die ich vor mehr als 40 Jahren geschrieben habe. Nach dem Befinden der Kritiker ist es nach der Bibel das meistgelesene hebräische Buch. Ich halte mich nur für einen recht begabten Glückspilz. Wissen Sie, ich nehme auch mich selbst nicht so ernst.


Konnten Sie das schon immer?
Nein, ehrlich gesagt, bin ich erst auf den letzten Schritten zu meinem biblischen Alter weise geworden. In einem Alter, wo andere schon senil sind, habe ich Lebensweisheit und kann sie auch ausdrücken. Der Mensch schätzt immer nur, was er nicht hat. Auch in der Ehe ist es so, man kann die Frau nicht ertragen, bis sie weggeht, dann entdeckt man den Verlust.
Meine Frau Sara, die beste Ehefrau von allen, mit der ich 44 Jahre lang verheiratet war, ist leider an einer schrecklichen Krankheit gestorben. Im vergangenen Jahr habe ich die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek geheiratet. Diese Frau, die ich sehr liebe, ist 33 Jahre jünger als ich. Ich habe nicht das kleinste schlechte Gewissen, dass ich wieder geheiratet habe und mir erlaubte, wieder glücklich zu sein. Um solche Liebe zu erleben, muss man viel Glück haben.


Sind Sie ein lustiger Mensch, lachen Sie mehr als andere?
Ich lache, wenn ich Grund dazu habe. Es ist ein riesiger Irrtum, dass Leute, die humorvoll schreiben können, selbst ununterbrochen Witze reißen. Ich bin ein ganz normaler Mensch. Ich kannte zum Beispiel den Klaviervirtuosen Arthur Rubinstein sehr gut. Wenn er ans Klavier trat, wurde er ein Genius. Wenn er aufstand, war er einfach ein netter Kerl.
 

Was halten Sie von den Ostdeutschen?
Ich habe eine Schwäche für die Menschen aus der ehemaligen DDR. Sie sind, oder sollte ich sagen, sie waren menschlicher als die Westdeutschen. Das DDR-Publikum war ein warmes, menschliches Publikum. Ich weiß, dass das DDR-System ein ziemlich unerträgliches System war. Aber in jeder Ecke war ein Buch, Literatur war eine wichtige Sache, und ein Schriftsteller war eine wichtige Person. Heute ist an jeder Ecke ein Pornogeschäft.

 

 

 

Die tschechische Nation versteht als einzige die Israelis

Der in der Schweiz verstorbene Schriftsteller Ephraim Kishon hegte besondere Sympathien für die Tschechen

 

Am 29. Januar 2005 starb der aus Ungarn stammende israelische Schriftsteller Ephraim Kishon im Alter von 80 Jahren in Appenzell (Schweiz) an einem Herzinfarkt. Sein Lebenswerk umfasst über fünfzig Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden und in einer Weltauflage von mehr als 43 Millionen erschienen sind. Auch in tschechischer Sprache liegen 22 Titel Kishons vor. Zuletzt erschien auf Tschechisch im »Verlag Nakladatelství Lidové noviny« in der Übersetzung aus dem Deutschen der Roman »Der Fuchs im Hühnerstall« (Liška v kurníku) im Herbst 2004.

Anlässlich der Übersetzung von »Nichts zu lachen« (Nebylo čemu se smát) - die Erinnerungen des Autors an das 20. Jahrhundert gab auch der Verlag »Nakladatelství Lidové noviny« heraus - folgte er im Frühling 2003 der Einladung der tschechischen Tageszeitung »Lidové noviny« ans Goethe-Institut nach Prag und zur Prager Buchmesse »Svět knihy«. Es sollte sein letzter Besuch in der tschechischen Hauptstadt sein.

Kishon hatte zur Tschechoslowakei eine besondere Beziehung. In seinem Buch »Undank ist der Welten Lohn« (Nevděk světem vládne), das sich mit dem Ende des Kommunismus auseinander setzt, ist ein Teil der Tschechoslowakei gewidmet. Kishon selbst sagte 1991 darüber: Ich schrieb ein humoristisches Buch über eine Zeit, in der es keinen Humor gab. Es ist eine Art chronologische Übersicht über den Stalinismus. Ein großer Teil ist der Tschechoslowakei gewidmet - der gesetzeswidrigen Besetzung des Landes. Ich glaube, dass Israel das einzige Land ist, das die Tschechoslowakei verstehen kann und umgekehrt die tschechische Nation als einzige die Israelis versteht.

Vor der »Samtenen Revolution« im November 1989 wurden in der Tschecholowakei keine Bücher von Ephraim Kishon verlegt. Einzig im Exil-Verlag »Konfrontace« (Zürich) erschienen zu Zeiten des Eisernen Vorhanges zwei seiner Bände in tschechischer Sprache.
In Tschechien ist Ephraim Kishon heute nicht nur mit seinen Büchern erfolgreich. Auch seine Theaterstücke (insgesamt schrieb er 35, unter diesen 25 Einakter) stehen bei tschechischen Bühnen auf dem Spielplan. Beispielsweise im Prager Theater Rokoko und im Pardubicer Theater (Ostböhmen).

 

 

 

In Tel Aviv aufgebahrt

Von Anneke Mueller

 

Am Vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen geschmückte Sarg im Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv aufgebahrt worden. Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat, sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid.

Holocaust-Überlebender

Der für seinen Humor und seine Selbstironie berühmte Holocaust-Überlebende aus Ungarn hat mehr als 50 Bücher geschrieben, in denen er den Alltag in Israel und die menschlichen Schwächen aufs Korn nahm. Im Herzen der Stadt, die er liebte, sei der Erfolsautor begraben worden, sagte sein ältester Sohn Rafi.

In Restaurant nähe

Mit einem Lächeln verwies er darauf, dass das Grab des in Budapest geborenen Kishon nur ein paar hundert Meter von einem ungarischen Restaurant (Kischpipa, Kleine Pfeife) entfernt liegt, das die Familie früher fast jeden Samstag besucht habe. Ich hoffe, das gefällt ihm. Immer wieder verwiesen Freunde und Angehörige darauf, wie sehr den bei Lesern weltweit beliebten Kishon die mangelnde Anerkennung der Kritiker in Israel kränkte.

Schwarzes Loch

In Ephraims Seele klaffte ein schwarzes Loch, sagte sein alter Wegbegleiter, der ehemalige Justizminister Josef Lapid. Er konnte einfach nicht glauben, dass er wirklich geliebt wird. Es sei deshalb sehr schade, dass Kishon die tiefen Liebes- und Respektbezeugungen der letzten Tage nicht mehr habe miterleben können. Mit dem berühmten Satiriker werde ein wichtiges Kapitel der israelischen Kultur und die Behörde für den israelischen Humor zu Grabe getragen.

 

 

 

Ephraim Kishon in Tel Aviv beigesetzt

Bewegender Abschied von dem Autor Ephraim Kishon: Hunderte Trauergäste haben den weltberühmten israelischen Schriftsteller in Tel Aviv zur letzten Ruhestätte geleitet.

 

Im Beisein seiner drei Kinder und seiner österreichischen Ehefrau, der Autorin Lisa Witasek, wurde Kishon auf dem Trumpeldor-Friedhof im Stadtzentrum beigesetzt - an der Seite seiner 2002 verstorbenen Ehefrau Sara (»Die beste Ehefrau der Welt«).
Der Bestsellerautor, der für ein Millionenpublikum schrieb, war am Samstag im Alter von 80 Jahren an seinem Zweitwohnsitz in Appenzell IA an einem Herzinfarkt gestorben.
Am Vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen geschmückte Sarg im Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv aufgebahrt worden. Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat, sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid.
Der für seinen Humor und seine Selbstironie berühmte Holocaust-Überlebende aus Ungarn hat mehr als 50 Bücher geschrieben, in denen er den Alltag in Israel und die menschlichen Schwächen aufs Korn nahm.
Im Herzen der Stadt, die er liebte sei der Erfolsautor begraben worden, sagte sein ältester Sohn Rafi. Mit einem Lächeln verwies er darauf, dass das Grab des in Budapest geborenen Kishon nur ein paar hundert Meter von einem ungarischen Restaurant (»Kischpipa, Kleine Pfeife«) entfernt liegt, das die Familie früher fast jeden Samstag besucht habe. Ich hoffe, das gefällt ihm.
Immer wieder verwiesen Freunde und Angehörige darauf, wie sehr den bei Lesern weltweit beliebten Kishon die mangelnde Anerkennung der Kritiker in Israel kränkte. In Ephraims Seele klaffte ein schwarzes Loch, sagte sein alter Wegbegleiter, der ehemalige Justizminister Josef Lapid.
Er konnte einfach nicht glauben, dass er wirklich geliebt wird. Es sei deshalb sehr schade, dass Kishon die tiefen Liebes- und Respektbezeugungen der letzten Tage nicht mehr habe miterleben können. Mit dem berühmten Satiriker werde ein wichtiges Kapitel der israelischen Kultur und die Behörde für den israelischen Humor zu Grabe getragen.

 

Keystone

 

 

 

Der Münchhausen Israels

Jerusalem, 30. Januar 2005 - Efraim Kischon, 79, ist tot, an einem Herzinfarkt in seiner Wohnung in Appenzell in der Schweiz gestorben. Kischon wurde in Budapest in Ungarn geboren. Seinen kräftigen ungarischen Akzent hat er bis zuletzt gepflegt. Vielleicht war er auch deshalb in Israel nicht gut gelitten.
Kischon konnte aus dem Konzentrationslager Sobibor fliehen. Auch seine Familie überlebte ungeschoren den Holocaust. 1949 gelangte er nach Israel, wo er zunächst zwei Jahre lang im Kibbuz Kfar Hachoresch lebte und Schlosser war, ehe er nach Tel Aviv übersiedelte und eine wöchentliche Kolumne für die Abendzeitung Maariv schrieb.
Wie kein anderer traf er mit seinen Satiren die Schwächen und Verrücktheiten der Israelis. Daraus wurden schließlich über 50 Bücher, ins Deutsche übersetzt durch den Wiener Literaten Friedrich Torberg. Seine Bücher in einer weltweiten Auflage von 43 Millionen prägten das Bild Israels als etwas verrücktes Land. Kischon war auch Filmregisseur, etwa des Blaumilchkanals. Fast hätte er eine Nominierung für den Oskar erhalten. Der israelische Rundfunk bezeichnete ihn als den größten aller israelischen Schriftsteller, obgleich er in Israel, anders als in Deutschland, wenig populär war wegen seiner rechtsgerichteten Ansichten. Kischon, eitel und hochnäsig bei persönlichen Begegnungen, sagte einmal über sich selbst: Ich glaube, dass ich den Leuten auch persönlich unsympathisch bin. In Israel nahm man ihm durchaus übel, in die Schweiz ausgewandert zu sein und nur noch sporadisch Tel Aviv aufgesucht zu haben.


Kischons Satiren wurden in 37 Sprachen übersetzt. Doch seinen größten Erfolg hatte er dank seinem Wiener Übersetzer Friedrich Torberg. In den deutschsprachigen Ländern hatte er so seinen größten Erfolg. Dank der Millionenauflage seiner Bücher weltweit gilt er als der erfolgreichste Schriftsteller Israels und als der meistgelesene Satiriker der Welt. Im Jahr 2002 wurde er sogar für den Literatur-Nobelpreis nominiert. Unzählige Preise erhielt der Regisseur, Schriftsteller, Buchautor und Satiriker. Doch eine seiner wichtigsten Auszeichnungen erhielt er ausgerechnet in Bodenwerder bei Hameln: im Jahr 2001 wurde er mit dem Münchhausen-Preis ausgezeichnet. Die Tradition des Lügenbarons hat er wie kein Anderer gepflegt.

Der erfolgreiche Autor wurde 1924 in Budapest unter dem Namen Ferenc Hoffmann als Sohn eines Bankdirektors geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt Kunstgeschichte und Bildhauerei und litt als Jugendlicher unter dem ungarischen Antisemitismus. Während des Zweiten Weltkriegs und danach überlebte er deutsche, ungarische und russische Arbeitslager.

1949 floh Kishon mit seiner Familie aus dem kommunistischen Ungarn nach Israel und arbeitete dort zunächst im Kibbuz Kfar Choresch als Schlosser. Er zog dann nach Tel Aviv, wo er bis zu seinem Umzug in die Schweiz lebte und schrieb. Mit großer Energie erlernte er die hebräische Sprache, in der er seine Werke seither verfasst. Seinen starken ungarischen Akzent hat er allerdings nie ganz abgelegt.

 

 

 

Die große Einladung, Israel zu lieben

Lieblingsautor der Deutschen:
Zum Tod des Satirikers Ephraim Kishon - Erfolgreich und doch gescheitert
Von Martin Jasper

 

Die großen Kämpfe seines Lebens habe er verloren, meinte Ephraim Kishon am Ende resigniert. Der Antisemitismus sei nicht besiegt. Und die moderne Kunst habe sich durchgesetzt. Beide Phänomene hatte er bezwingen wollen, indem er sie lächerlich machte.
Der stolze, im Gespräch zuweilen hochfahrende Israeli mit dem kämpferischen Patriotismus eines Mannes, der sich sein Vaterland bitter hat erkämpfen müssen, war der erfolgreichste Humorist der Welt. Aber er war kein lustiger Mensch.

Mit seinen Satiren wurde der beinahe von den Nazis Ermordete in den 60er Jahren zum Lieblingsautor der Deutschen. Dieses Paradox, das er mit genüsslichem Zynismus quittierte, hat mehrere Ursachen.

Kishon sparte in seinen Geschichten den Holocaust konsequent aus und entlastete damit die Erinnerung seiner Leser. Die Texte drehen sich um den skurrilen Alltag in einem winzigen Land, das täglich von neuen Einwanderern aus allen Ecken der Welt heimgesucht wird. Kulturen prallen zusammen, das kreative Chaos blüht, die Bürokratie wuchert. Die Menschen setzen Schlitzohrigkeit und Chuzpe dagegen.

Kishons kleine Katastrophen waren trotz aller grotesken Zuspitzung von so großer Liebe zu den Menschen seiner neuen Heimat geprägt, dass sie es den Deutschen leicht machten, die Juden zu lieben und sich per Lektüre mit ihnen zu versöhnen.
Keine Frage: Ephraim Kishon hat mehr zur Sympathie der Nachkriegs-Deutschen gegenüber Israel beigetragen als alle Politik.

Zumal er unter dem Mantel des typisch Israelischen zumeist das allgemein Menschliche hervorschimmern ließ. Seine Figuren mit ihren Macken und Meisen, mit ihren Ticks und Tricks, mit ihren Erziehungs- und Eheproblemen könnten auch unsere Nachbarn sein - zumal in der kongenialen Übersetzung des Österreichers Friedrich Torberg.

Sprichwörtlich wurde die »beste Ehefrau der Welt«. Und Kishons stärkste literarische Figur war wohl Freund Jossele, ein philosophierender Nichtsnutz und abgründiger Caféhaus-Apokalyptiker.

Kishons Domäne freilich war die kurze Form. Die Skizze einer Alltags-Situation, die sich grotesk ins Katastrophische steigert. Da ist er knapp, präzise in der Atmosphäre und sicher in der Pointe. Die alten Geschichten sind bis heute ein Lesevergnügen.
Wenn er seine Ideen zu Romanen dehnte, verloren sie rasch an Zunder. Das ist schon an der Novelle »Der Blaumilchkanal« zu merken. Die Geschichte des verwirrten Herrn Blaumilch, der per Presslufthammer die Prachtstraßen der Hauptstadt aufschlitzt, gerät zur erschöpfenden Bürokratie-Satire.

In dem Anti-Antisemitismus-Roman »Mein Kamm« treibt Kishon eine simple Symbolik zu Tode: Alle Glatzköpfe werden plötzlich verfolgt. Dabei wäre die Pointe in den galligen Witz zu fassen: Warum ausgerechnet Glatzköpfe? Warum ausgerechnet Juden?
Sein Theaterstück »Zieh den Stecker raus, Schatz, das Wasser kocht« über, oder besser: gegen die moderne Kunst blieb im Ressentiment stecken.
So war der unglaublich produktive und erfolgreiche Autor letztlich auch ein gescheiterter Autor.

 

 

 

Von den »Kindern seiner Henker« geliebt: Ephraim Kishon

»Genie des Humors« Ephraim Kishon ist tot
Von Martin Mandt

 

Ephraim Kishon hat wie kein anderer nach dem Dritten Reich die jüdische Kultur wieder zurück nach Deutschland gebracht. Der Mann, dessen engste Familie zwar den Holocaust überlebte, der jedoch auch von KZ und Nazi-Verfolgung geprägt wurde, war in Deutschland beliebter als jeder andere jüdische Künstler. Ihn freute es, dass die Kinder seiner Henker ihn so verehrten.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss nannte Kishon einen Philosophen, der Entwicklungshelfer gewesen sei und den Deutschen half, ihre antisemitischen Verblendungen zu überwinden. Er habe die Deutschen gelehrt, wieder mit den Juden zu lachen. Kishons langjähriger Verlag »Langen Müller Herbig« würdigte den Schriftsteller als einmalige Schriftstellerpersönlichkeit. Noch vor Kurzem habe er sein neues Buch »Kishon für Österreicher - und alle, die es gerne wären« fertiggestellt und für den Druck freigegeben.

Als Hoffmann Ferenc wurde Kishon am 23. August 1924 in Budapest geboren. 1944 ins polnische KZ Sobibor verschleppt, konnte der junge Mann fliehen und überlebte als Nichtjude getarnt. Zunächst machte er eine Lehre als Goldschmied, studierte später Kunstgeschichte und Bildhauerei.

1945 feierte Kishon erste Erfolge mit Theaterstücken und Satiren. Schon zwei Jahre später bekam er mit »Mein Kamm« den 1. Preis des ungarischen Romanwettbewerbs. 1949 floh er vor den Kommunisten nach Israel. Erst nach seiner Flucht nahm er den Namen Ephraim Kishon an.

Über 40 Jahre war er mit Sara verheiratet, bis »die beste Ehefrau von allen« starb. Die beiden haben drei Kinder Raphael, Amir und Renana und fünf Enkel. Anfang 2003 heiratete er erneut die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

Ephraim Kishon verstarb am 29. Januar 2005 im Alter von 80 Jahren.
Seine Bücher wurden 43 Millionen Mal verkauft, davon allein über 31 Millionen in deutscher Sprache und insgesamt in 37 Sprachen übersetzt. Angeblich ist Kishons »Familiengeschichten« das meistverkaufte hebräische Buch nach der Bibel.

Laut Kishons Sohn Rafi hätten ihn die Erfolge in Deutschland besonders viel bedeutet. Der Spiegel Online schreibt dazu, es sei für ihn ein besonderes Gefühl gewesen, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien.

1978 wurde ihm der »Orden wider den tierischen Ernst« verliehen, gab ihn allerdings nach einem Streit mit Ordensträger Norbert Blüm über die Israelpolitik gegenüber den Palästinensern wieder zurück. 1984 nahm Kishon den Karl-Valentin-Orden entgegen und 2003 erhielt er den Israel-Preis, die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, für sein Lebenswerk.

1981 zog Kishon nach Appenzell in die Schweiz, wo er seitdem ständig lebte. Am Dienstag wird Kishon in Israel beigesetzt.

Erschienen am: 31.01.2005

 

 

 

n-tv

Kein Schriftsteller schreibt gerne meinte Kishon. Frage man eine Frau, ob das Gebären ein Vergnügen sei, dann sage sie: Das Baby ja, aber die Geburt doch nicht! Mit dem Schreiben sei es dasselbe.
Doch konnte sich Kishon offenbar überwinden und so traten seine Bücher ihren Siegeszug in 33 Ländern an. Als Ironie des Schicksals empfand er dabei, dass seine Geschichten besonders in Deutschland so gut ankamen.

Der Erfolg hatte für ihn auch praktischen Nutzen - schließlich lernte er aus den Übersetzungen seiner Bücher deutsch - der einfachste Weg, eine Sprache zu lernen.
Seinen ungarischen Akzent wurde er allerdings nie los - ich schreibe Hebräisch wie der Prophet Jeremias, aber kaum öffne ich den Mund, ist schon alles vorbei.

In Israel hatte er oft das Gefühl, nicht genügend geschätzt zu werden. Dennoch sah sich Kishon mit Israel verheiratet und welche Beziehung sei schon perfekt ?
... schließlich betrüge er es auch mit Appenzell. In seinem Schweiz Asyl, wie er es bezeichnete, hatte er in den letzten Jahren eine neue Heimat gefunden.

Seiner zweite Ehefrau, Sara, setzte er als »besten Ehefrau von allen« ein literarisches Denkmal. Dennoch kam er zum Schluss, dass die zwei größten Fiaskos der Gesellschaft Steuer und Ehe seien. Die Revanche folgte mit dem Buch »Geliebter Lügner«

2002 starb Sara Kishon. Ein gutes Jahr später heiratete der Bestseller-Autor Schriftstellerin Lisa Witasek, Österreicherin wie seine erste Ehefrau, Eva Klamer.

Gegenüber der Presse war er zurückhaltend. Es gebe nur zwei Möglichkeiten, so Kishon. Entweder man schweigt, oder man hält den Mund. Er selbst ziehe die dritte Lösung vor - er spreche über nichts.
Sich selber wollte er nie loben. Ich bin kein Schriftsteller, ich bin nur Humorist, sagte Kishon von sich. Erst wenn man stirbt, wird man Schriftsteller. Es sei erlaubt, ihn nun zu den Großen dieser Gattung zu zählen.

 

n-tv

 

 

 

Ephraim Kishon ist tot

Jemand hat mich gern da oben

 

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch heute nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

 

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

 

Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie auf, politische Themen aber vermied er meist.

Kette von »Wundern«

Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu.

Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette davon nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil der Familie Kishons kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim.

Ironie der Geschichte

Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, sagte er. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).

Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969) erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.

N-tv.de Sonntag
30. Januar 2005

 

 

 

HERZATTACKE

Ephraim Kishon ist tot

 

Mit 80 Jahren ist am Samstag der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon im schweizerischen Appenzell verstorben. Der Autor galt mit einer weltweiten Auflage von 43 Millionen Büchern als einer der meistgelesenen Satiriker überhaupt.

 

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

Familiengeschichten waren es auch, die Kishon in Deutschland bekannt und erfolgreich machten: Insbesondere seine vermeintlichen Alltagsgeschichten, in denen er sich und seine Familie oft und gern auf den Arm nahm, wurden hier zu Lande zur Erstbegegnung ungezählter Menschen mit dem Genre der Satire. In seinen jungen tagen wirkte Kishon zudem als Regisseur, auch das nicht ohne Erfolg: 1964 wurde sein Film »Salah Shabati« für einen Oscar nominiert.

Schon in den 50er Jahren schaffte Kishon mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische Themen vermied er meist.

Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.

Überlebender des Holocaust

Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie wurde von den Nazis in den Gaskammern von Auschwitz ermordet.

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim. Er sei 1924 geboren worden, beschrieb Kishon seine persönliche Geschichte einmal, und 1949 in Israel wiedergeboren.

Als Ironie der Geschichte empfand es Kishon, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er einmal gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

 

SpiegelOnline

30. Januar 2005

 

 

 

Trauer um Ephraim Kishon

Satiriker starb in seiner Schweizer Wahlheimat

 

Ephraim Kishon ist tot. Der vor allem im deutschsprachigen Raum überaus erfolgreiche Satiriker starb am Samstag in Appenzell. Kishon wurde 80 Jahre alt. Der beissende Humor des in Ungarn geborenen jüdischen Schriftstellers lebt in seinem Werk weiter. (ap) «Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten Künstler der israelischen Kultur», sagte Israels Staatspräsident Mosche Katzav am Sonntag im israelischen Radio. Keiner habe so wie er den Prozess der Eingliederung von Einwanderern in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck bringen können.
Trotz seiner europäischen Herkunft zeichnete Kishon in seinen Romanen und Erzählungen in kongenialer Präzision die Charaktere und Gedankenwelt der jüdischen Einwanderer aus Nordafrika nach.

Ambivalentes Verhältnis zu Israel

Zu Israel aber habe Kishon immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt, sagte am Sonntag sein Sohn Rafi. So habe er die Gründung des jüdischen Staates zwar als grösstes Wunder des 20. Jahrhunderts betrachtet. Von den Intellektuellen und Kritikern in Israel habe er sich aber oft ungerecht behandelt gefühlt. Gleichwohl habe sein Vater weiter auf Hebräisch geschrieben und Israel von der Schweiz aus immer wieder besucht.
Die Erfolge in Deutschland freuten Kishon besonders. Er sagte, es sei ein besonderes Gefühl, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien, sagte Rafi Kishon.
Kishon wurde am 23. August 1924 unter dem Namen Ferenc Hoffmann in Budapest geboren und im Zweiten Weltkrieg von den Nazis nach Polen deportiert. In einem Konzentrationslager stellte ihn ein Wachmann mit anderen Juden in eine Reihe auf und erschoss zehn Häftlinge - Kishon aber überging er. Sie machten einen Fehler, sie liessen einen Satiriker am Leben, schrieb Kishon später.

Flucht vor den Nazis

Im letzten Kriegsjahr 1945 gelang ihm auf dem Weg ins Vernichtungslager Sobibor die Flucht. 1949 siedelte er von Ungarn nach Israel über, wo er seinen neuen Namen annahm. Später lebte er in der Schweiz, was ihm in Israel Kritik eintrug.
Nachdem Kishon in Budapest Kunstgeschichte und Bildhauerei studiert hatte, schrieb er in Israel zunächst satirische Glossen für die Tageszeitung »Maariv«. Mit Beginn der 60er Jahre gab er eine Vielzahl von Satiren und Erzählbänden heraus. Am bekanntesten wurden »Dreh'n Sie sich um, Frau Lot« (1962), »Arche Noah, Touristenklasse« (1963) und »Wie unfair, David« (1967).

Beisetzung in Israel

Sein Werk von mehr als 50 Büchern wurde in mehr als 34 Sprachen übersetzt. Im deutschen Sprachraum erreichten seine Bücher eine Millionenauflage. Ausserdem schrieb er Drehbücher für Filme wie »Salah Schabati«. In Deutschland erhielt Kishon 1978 den Orden wider den tierischen Ernst und 1984 den Karl-Valentin-Orden. 2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis. Kishon hinterlässt seine dritte Frau Lisa und drei erwachsene Kinder. Die Beisetzung findet in Israel statt.

 

NZZ Online

30. Januar 2005

 

 

 

Ephraim Kishon tot

Der erfolgreichste Satiriker, der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon, ist in der Schweiz gestorben.

HB BERLIN: Der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon ist im Alter von 80 Jahren am Samstag in der Schweiz gestorben. Die Polizei im schweizerischen Appenzell Innerrhoden bestätigte am Sonntagmorgen israelische Presseberichte, wonach der Autor in seiner Schweizer Wahlheimat Appenzell einem Herzanfall erlag.

Kishon soll am Dienstag in Tel Aviv beigesetzt werden. Die Appenzeller Polizei geht den Angaben zufolge davon aus, dass er noch am Sonntag nach Israel überführt wird. Wie Medien in Israel melden, soll der Leichnam Kishons noch am Wochenende nach Israel geflogen und anschließend in Tel Aviv beerdigt werden.


Kishon, als Ferenc Hoffmann am 24. August 1924 in Budapest geboren, hatte seine größten Erfolge in den Sechziger- und Siebzigerjahren mit Komödien, satirischen Kurzgeschichten und Romanen aus dem israelischen Alltag und seinem Familienleben mit der »besten Ehefrau von allen«.
Kishon konnte nach seinem 1941 mit Bestnote bestandenen Abitur wegen antisemitischer Gesetze nicht studieren, sondern musste eine Goldschmiedlehre beginnen. Er verbrachte seine Jugend überwiegend in Arbeitslagern und in Verstecken auf der Flucht vor den Nazis. Er gab sich als Christ aus, nachdem er an der polnischen Grenze von einem Gefangenentransport fliehen konnte. So überlebte er.
Kishon studierte nach Kriegsende in Ungarn Metallbildhauerei und Kunstgeschichte. Nachdem er mit seiner ersten großen Satire, dem Roman »Mein Kamm« (über Glatzöpfe) gleich einen Literaturwettbewerb gewonnen hatte, wurde er Schriftsteller und Journalist.


1949 wanderte Kishon nach seiner Flucht aus Ungarn - er mochte eine sozialistische Auftragsarbeit nicht schreiben - nach Israel aus, wo er seinen deutsch-ungarischen Geburtsnamen ablegte. Er schrieb zunächst für ein ungarisches Blatt, während er sich mit Hilfsjobs durchschlug und Hebräisch lernte. Er wurde Kolumnist bei der Zeitung »Maariv«, wo er dreißig Jahre lang täglich eine satirische Glosse schrieb. Die Pianistin Sara, geborene Lipowitz, die er 1959 heiratete, ist seine zweite Frau, die er als »beste von allen« in seinen Satiren beschrieb, wie auch seine Kinder. Ebenfalls 1959 wurde die englische Übersetzung seiner Geschichtensammlung »Drehn Sie sich um, Frau Lot« von der »New York Times« zum Buch des Monats gewählt. Sein internationaler Erfolg begann.


Seither sind weltweit rund 700 Titel in 37 Sprachen von Kishon erschienen, darunter etwa 50 hebräische Originaltitel und rund 70 deutsche Bücher, überwiegend Übersetzungen der Originalausgaben, dazu Neuerscheinungen älterer Texte in verschiedenen Zusammenstellungen. Kishon hat weltweit mehr als 43 Millionen Bücher verkauft, die meisten auf Deutsch. Einer seiner Titel, «Familiengeschichten», gilt als das meistverkaufte hebräische Buch nach der Bibel.


Kishon kokettierte mit seinem Erfolg, den er vorgab, selbst nicht zu verstehen. Ich bin kein Schriftsteller, ich bin ein Humorist, schrieb er einmal: Erst wenn man stirbt, wird man Schriftsteller.
Weniger bekannt ist Kishons ernste Seite. Eines seiner letzten Bücher war eine konservativ gefärbte Polemik über den Kunstmarkt und die Manierismen der zeitgenössischen Kunst. Er war ein starker Anwalt Israels, das er gegen jede Kritik zu verteidigen pflegte. Nach dem 11. September 2001 trat er entschieden für den amerikanischen Krieg gegen den Terror ein.
Sein Haus in Appenzell in der Schweiz hatte Kishon 1981 gekauft. Er erlag dort am Samstag einem Herzanfall.

 

Handelsblatt.com

 

 

 

Schriftsteller Ephraim Kishon im Alter von 80 Jahren gestorben

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

 

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Der israelische Oppositionschef Josef Lapid sagte »Maariv«, mit Kishon habe Israel seinen größten Humoristen verloren. Und ich habe meinen besten Freund verloren, fügte er hinzu.

Allgemeinmenschliche Schwächen waren meist seine Themen

Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfaßt und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt. Tatsächlich war es nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.
Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim.

Ausgerechnet in Deutschland war Kishon besonders beliebt

Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, daß er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, daß die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Haß. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.
Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).
Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969) erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.

Frankfurter Allgemeine Zeitung
30. Januar 2005

 

 

 

Freie Sprache

Von Lorenz Jäger

 

Selbst seinen eigenen Nachruf hat er gewissermaßen vorausgesehen. Ich gehörte zu jenen, so beginnt der Protagonist seines Romans »Mein Kamm«, über die in Gedenkartikeln später steht, sie wären im Laufe ihres Lebens Schwertschlucker, Universitätsprofessor, kanadischer Holzfäller, Gitarrenvirtuose und Hundefänger in Kopenhagen gewesen.

Fast getroffen, möchte man an dieser Stelle sagen. Kishon, geboren am 24. August 1924 als Ferenc Hoffmann in Budapest, studierte Kunstgeschichte und Bildhauerei, verstand sich auf Kunstschmiedearbeiten, wurde von Ungarn nach Polen deportiert, überstand deutsche (und sowjetische) Lager.

Moderne Kunst als »Weltübel«

1949 ging er nach Israel und erlebte, wie er später sagte, eine Neugeburt. Mit satirischen Glossen reüssierte er bei der Zeitung »Ma'ariv«. In einem Lebenslauf sagte er von sich: Lebt in Tel Aviv als freier Schriftsteller, nachdem er sich zuvor als freier Schlosser im Kibbuz, freier Garagenbesitzer und in einer Reihe anderer freier Berufe betätigt hat. Filme hat er auch gedreht, einmal kam er bis zur Oscar-Nominierung.
Der phänomenale Erfolg seiner Romane und Geschichten ist das eine - mit ihm werden sich die Literatursoziologen beschäftigen müssen. Sicher hat er mit der Faßlichkeit seiner Geschichten zu tun, die universelle Mißlichkeiten wie die Bürokratie und das Ehekreuz aufs Korn nahmen - und die moderne Kunst, die auf Kishons privater Liste der Weltübel ziemlich weit oben stand. Ist es ein Zufall, daß er in seinem Lebenslauf die Freiheit so sehr betonte? Wohl kaum. Der Zionismus bedeutete ja für seine Pioniere eine vitale Befreiung.

Ungewohnt freimütige Sprache

Nun, in Israel, waren sie vom Zwang der Selbstrechtfertigungen und der Apologien entlastet, der ihnen das Leben in Europa verbittert hatte: Nie wieder würde man sich für das eigene Sein entschuldigen müssen. Deshalb fand man gerade bei den entschiedenen Zionisten eine für heutige europäische Ohren ungewohnt freimütige Sprache, die noch unlängst einen Biographen von Arthur Koestler zu nachgerade komischen Verrenkungen nötigte, um gegen Koestlers Eigenwilligkeiten den deutschen Gegenwartskonsens zu behaupten. Ähnlich liegt der Fall des kürzlich verstorbenen Historikers Norman Cantor, in dessen nie genug zu schätzender Geschichte des jüdischen Volkes, »The sacred chain«, man auf jeder Seite Dinge findet, die den deutschen Wohlmeinenden in den Ohren klingen müßten.
Aus solchem Holz war auch Ephraim Kishon geschnitzt - sein deutscher Verleger war Helmuth Fleissner, ein durchaus konservativ-patriotischer Mann, um das mindeste zu sagen, und von Berührungsängsten wollte Kishon nichts wissen. Im schweizerischen Appenzell, wo er seit langem einen zweiten Wohnsitz hatte, ist der Schriftsteller am 29. Januar gestorben. Die Beerdigung soll in Tel Aviv stattfinden.

 

FAZ Montag
31. Januar 2005

 

 

 

Ephraim Kishon in Appenzell gestorben

Der israelische Bestseller-Autor Ephraim Kishon ist in seiner Schweizer Wahlheimat gestorben. Der 80- Jährige sei gestern in seinem Haus in Appenzell einem Herzanfall erlegen, bestätigte die Innerrhoder Polizei.

sda Kishon war einer der berühmtesten Schriftsteller Israels und galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Seine von selbstironischem Humor geprägten Erzählungen hatten vor allem in Deutschland, aber auch in der Schweiz eine grosse Fangemeinde. Die weltweite Auflage seiner Bücher beträgt 43 Millionen. Kishons Werke wurden in 37 Sprachen übersetzt. In seinen insgesamt 50 Büchern verarbeitete der Holocaust-Überlebende auch mit schwarzem Humor seine Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus. Einmal schrieb er, die Nazis hätten einen Fehler gemacht, einen Humoristen am Leben zu lassen.

 

Bekannte Titel Kishons, der in seinen Erzählungen mit Vorliebe alltägliche menschliche Schwächen aufspiesste, sind »Der Blaumilchkanal«, »Kein Öl, Moses?« oder »Paradies neu zu vermieten«.

 

Israels Premier Ariel Scharon bezeichnete Kishon als einen der Giganten unserer Generation. Mit Charme und Scharfsinnigkeit habe er der israelischen Gesellschaft den Spiegel vorgehalten. Der Präsident des deutschen Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, würdigte Kishon als einen Repräsentanten des jüdischen Humors.

 

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Schon früh wurde sein Talent für die Schriftstellerei entdeckt; 1940 erhielt er den ersten Preis bei einem ungarnweiten Literaturwettbewerb für Schüler. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er von den Nazis in das polnische Vernichtungslager Sobibor deportiert, von wo er fliehen konnte. Nach dem Krieg besuchte Kishon die Kunstakademie und machte sein Diplom als Bildhauer.

 

1949 emigrierte er nach Israel, wo er auf Hebräisch für die angesehene Zeitung »Maariv« Kolumnen zu schreiben begann. Die tägliche Glosse behielt er über Jahrzehnte. Daneben verfasste er Satiren und Theaterstücke. 1955 erschien sein erster Roman »Der Fuchs im Hühnerstall«. Der internationale Durchbruch gelang ihm 1959, als die »New York Times« sein Buch »Drehn Sie sich um, Frau Lot« zum Buch des Monats wählte.

 

Der Autor hatte auch andere Talente: So gewann er einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den Spieler hänselt.

 

Kishon war mehr als 40 Jahre lang mit seiner Frau Sara verheiratet, die 2002 starb; mit ihr zusammen hatte er drei Kinder. Anfang 2003 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek. Kishon lebte abwechselnd in Israel und in der Schweiz; das Haus in Appenzell hatte er 1981 gekauft.

 

Der Landbote

 

 

Ephraim Kishon gestorben

Der israelische Autor ist in der Schweiz im Alter von 80 Jahren einem Herzinfarkt erlegen. Seine Beerdigung ist in Tel Aviv geplant

 

Tel Aviv - Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.


Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.


Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller thematisierte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, politische Themen vermied er meist.
Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfaßt und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.


Tatsächlich war nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.


Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, daß er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, daß die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Haß. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.


Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).


Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969) erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. »Der Glückspilz« (2003) ist eine Satire auf die moderne Mediengesellschaft.

 

WELT

 

 

 

Bestsellerautor Kishon starb in der Schweiz

Der aus Ungarn stammende israelische Beststellerautor Ephraim Kishon ist am Samstag im 81. Lebensjahr in der Schweiz gestorben, wo er zuletzt lebte. Er erlag einem Herzinfarkt. Das berichten israelische Medien.

Kishon im Arbeitszimmer in Appenzell

 

Der Autor hatte mehr als 50 Bücher geschrieben, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen. Seine «Familiengeschichten» gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.
Kishons Leichnam sollte den Medienberichten zufolge noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung sei in Tel Aviv geplant. Kishon hatte drei Wohnsitze: neben Tel Aviv lebte er in Appenzell und Zürich.


23.8.24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel, schrieb er einmal in einem Lebenslauf. Ephraim Kishon kam als Ferenc Hoffmann in Budapest zur Welt. 1944 wurde er nach Polen deportiert. Er konnte fliehen und überlebte - getarnt als Nichtjude - als einziger seiner Familie den Holocaust.
1945 begann er in Budapest ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur und arbeitete in verschiedenen Redaktionen. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewann er mit seinem ersten Roman »Mein Kamm« den grossen ungarischen Romanwettbewerb.
1949 emigrierte er nach Israel, wo er zuerst als Schlosser arbeitete. Er lernte Hebräisch und veröffentlichte 1952 erste politische satirische Glossen in dieser Sprache. 1959 gründete er das Theater »Die grüne Zwiebel«, das er bis 1962 leitete.
1963 erschien Kishons erster Film, 1964 wurde »Sallah« mit zwei Golden Globes ausgezeichnet. Es folgten Oscar-Nominierungen 1964 und 1972. Kishon gewann auch einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den Spieler hänselt.
Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der berühmten »besten Ehefrau von allen« Sara verheiratet und hat fünf Enkel von seinen Kindern Rafi, Amir und Renana, die bei der weltweiten Lesergemeinde nicht minder bekannt sind. 2003 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

ESpace.ch

 

 

 

Ephraim Kishon gestorben

Der 80jährige Schriftsteller erlag
in der Schweiz einer Herzattacke
Zitate von Ephraim Kishon

Wen die Götter strafen wollen, machen sie zum Verbündeten der USA.

 

Ich verehre Menschen, die eine ideale Gesellschaftsordnung suchen, und fürchte diejenigen, die sie gefunden haben.

 

Alle überzeugten Kommunisten leben im Westen.

 

Der Mensch bringt sogar die Wüste zum Blühen. Die einzige Wüste, die ihm noch Widerstand bietet, befindet sich in seinem Kopf.

 

Die Ehe ist gut für Frauen. Deshalb sollten nur Frauen heiraten.

 

Mein Zynismus ist eigentlich eine realistische Anschauung.

 

Ich wurde zum Lieblingsautoren der Nachkommen meiner Henker, das ist die wahre Ironie der Geschichte.

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke. Sein Leichnam soll noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

 

Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten Künstler der israelischen Kultur, sagte Staatspräsident Mosche Katzav am Sonntag im israelischen Rundfunk. Keiner habe so wie er den Prozess der Eingliederung von Einwanderern in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck bringen können.

Ephraim Kishon war zweifellos einer der bedeutendsten Künstler der israelischen Kultur.
Israels Staatspräsident Mosche Katzav

2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis.

Auch Ministerpräsident Ariel Scharon hat Kishon als einen der Giganten unserer Generation gewürdigt. Scharon sagte am Sonntag, der 80-Jährige habe der israelischen Gesellschaft mit Charme und Scharfsinnigkeit den Spiegel vorgehalten. Kishon ist gestorben, aber sein Werk wird uns und den kommenden Generationen bleiben.

Durchbruch mit »Blaumilchkanal«

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren und galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische Themen vermied er meist.

Schach-Talent rettete ihn

Ich glaube, jemand hat mich gern da oben.
Ephraim Kishon

Kishon arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Der Schriftsteller hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.

Tatsächlich war es nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

Kein Hass auf junge Deutsche

Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen.
Ephraim Kishon

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim.
Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen

ZDF
30.01.2005

 

 

 

Der grosse Satiriker ist tot

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist gestern im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Dies berichteten israelische Medien in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf Kishons Sohn Raphael.

 

Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

Kishon schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen. Seine «Familiengeschichten» gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

Mit der Geschichte vom «Blaumilchkanal» schaffte Kishon in den 50er Jahren den Durchbruch in Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert.
Der Schriftsteller spiesste allgemeinmenschliche Schwächen auf wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie; politische Themen vermied er meist.

Kishon arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes in Appenzell. Er verfasste auch Theaterstücke und drehte Filme. 1964 und 1972 wurde er für den Oscar nominiert.
Der Autor wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, sagte er einst zu seinem Erfolg. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.
Eine ganze Kette von Wundern waren nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ein Faible für Schach hatte. Er überlebte den Massenmord als einziger seiner Familie. Der grösste Teil seiner Verwandten wurde von den Nationalsozialisten in den Gaskammern von Auschwitz umgebracht. Später entkam er auch dem Gulag Stalins nur knapp.

Nach dem Krieg war Kishon nach Ungarn zurückgekehrt. In Budapest begann er ein Studium der Kunstgeschichte und Metallskulptur. Mit seinem ersten Roman «Mein Kamm» gewann er den grossen ungarischen Romanwettbewerb.
Im Mai 1949 bestieg er ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft in Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung «Gibt es nicht» durch Ephraim. In Israel arbeitete Kishon zuerst als Schlosser und lernte Hebräisch. 1952 veröffentlichte er erste politische satirische Glossen in dieser Sprache. Wiedergeboren in Israel

23.8.24 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel, schrieb Kishon einmal in einem Lebenslauf. Er liebt das kleine Land, das so schmal ist, dass an den Zugsfenstern geschrieben steht Bitte nicht nach Jordanien hinauslehnen.

Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er gesagt.
Der Durchbruch im deutschen Sprachraum gelang ihm 1961 mit »Drehn Sie sich um, Frau Lot!«. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).

Der Autor hatte auch andere Talente: So gewann er einmal die Billard-Weltmeisterschaft und entwickelte ein Schachprogramm, das den Spieler hänselt.

Kishon war über 40 Jahre lang bis zu ihrem Tod mit der »besten Ehefrau von allen« Sara verheiratet. Er hatte drei Kinder und fünf Enkel. 2003 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Lisa Witasek.

Tagesanzeiger.CH

 

 

 

Satiriker Ephraim Kishon gestorben

Appenzell / Tel Aviv - Ephraim Kishon, Satiriker und Chronist des jüdischen Alltagslebens, ist im Alter von 80 Jahren an seinem Schweizer Wohnort Appenzell gestorben. Der vor allem in Deutschland erfolgreiche Schriftsteller erlag am Samstag einem Herzinfarkt. Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav würdigte Kishon am Sonntag als einen der bedeutendsten Künstler des Landes. Keiner habe so wie er den Prozess der Eingliederung von Einwanderern in die israelische Gesellschaft zum Ausdruck bringen können.

 

Er war ein Repräsentant des jüdischen Humors, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, der »Netzeitung«. Zu Israel habe Kishon immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt, sagte am Sonntag sein Sohn Rafi. So habe er die Gründung des jüdischen Staates zwar als größtes Wunder des 20. Jahrhunderts betrachtet. Von den Intellektuellen und Kritikern in Israel habe er sich aber oft ungerecht behandelt gefühlt. Gleichwohl habe sein Vater weiter auf Hebräisch geschrieben und Israel von der Schweiz aus immer wieder besucht.

Die Erfolge in Deutschland freuten Kishon besonders. Er sagte, es sei ein besonderes Gefühl, dass die Kinder seiner Henker jetzt seine Bewunderer seien, sagte Rafi Kishon. In seinem letzten Interview vor seinem Tod sagte Kishon am Freitagabend den »Stuttgarter Nachrichten« zum bevorstehenden Israel-Besuch von Bundespräsident Horst Köhler: Der Präsident hat meine größte Sympathie als Mensch und als Präsident, der das brutale Benehmen der Nazis verurteilt.

Kishon wurde am 23. August 1924 unter dem Namen Ferenc Hoffmann in Budapest geboren und in der deutschen Besatzungszeit nach Polen deportiert. In einem Konzentrationslager stellte ihn ein Wachmann mit anderen Juden in eine Reihe und erschoss zehn Häftlinge - Kishon aber überging er. Sie machten einen Fehler, sie ließen einen Satiriker am Leben, schrieb Kishon später. Im letzten Kriegsjahr 1945 gelang ihm auf dem Weg ins Vernichtungslager Sobibor die Flucht. 1949 siedelte er von Ungarn nach Israel über, wo er seinen neuen Namen annahm.

Nachdem Kishon in Budapest Kunstgeschichte und Bildhauerei studiert hatte, schrieb er in Israel zunächst satirische Glossen für die Tageszeitung »Maariv«. Mit Beginn der 60er Jahre gab er eine Vielzahl von Satiren und Erzählbänden heraus. Am bekanntesten wurden »Drehn Sie sich um, Frau Lot« (1962), »Arche Noah, Touristenklasse« (1963) und »Wie unfair, David« (1967). Trotz seiner europäischen Herkunft zeichnete Kishon in kongenialer Präzision die Charaktere und Gedankenwelt der jüdischen Einwanderer aus Nordafrika nach. Sein Werk von mehr als 50 Büchern wurde in mehr als 34 Sprachen übersetzt. In Deutschland erreichten seine Bücher eine Millionenauflage. Außerdem schrieb er Drehbücher für Filme wie »Salah Schabati«.

Kishons deutscher Verlag LangenMüller-Herbig teilte mit, dass der Autor erst am Donnerstag die Druckfreigabe für sein jüngstes Werk erteilt habe - mit dem Titel »Kishon für Österreicher - und alle, die es gern wären«.

In Deutschland erhielt Kishon 1978 den Orden wider den tierischen Ernst und 1984 den Karl-Valentin-Orden. 2003 bekam er für sein Lebenswerk die höchste Auszeichnung des israelischen Staates, den Israel-Preis. Kishon hinterlässt seine dritte Frau Lisa und drei erwachsene Kinder. Die Beisetzung findet in Israel statt.

 

Stuttgarter Nachrichten - Politik

Stuttgart (ots) - Anlässlich des Todes des israelischen Schriftstellers Ephraim Kishon veröffentlichen die Stuttgarter Nachrichten (Montagausgabe) folgende Zitate aus seinem letzten Interview am Freitagabend.

In der Bibel steht: Der Mensch ist reich von Geburt an. Mich hat das Leben gelehrt: Der Mensch, von der Furcht der Bestrafung befreit, ist ein Ungeheuer.

Das Jahr 2005 ist in Deutschland das Einstein-Jahr. Ich erkenne darin eine Wertschätzung des jüdischen Beitrags zur Weltkultur. Ich habe seinerzeit Albert Einstein vorgeschlagen, Präsident Israels zu werden. Er hat überaus freundlich geantwortet, dass dies eine große Ehre sei. Dann sagte er: Aber ich bin Nobelpreisträger; ich bin für dieses Amt nicht geeignet.

Ich bin jünger als mein Alter. Aber die hohe Zahl meiner Lebensjahre macht mich ein bisschen traurig. Es ist eine unschuldige Gerechtigkeit, alt zu werden, und wenn Sie können, vermeiden Sie es.

Ich bin im Alter der Kompromisse. Ich will nicht lange leben, ich will nur nicht alt werden - das ist der einzige Kompromiss, den ich ertragen kann. Was ist das für ein Leben, diese Genies im Rollstuhl?

 

Stuttgarter Nachrichten - Interview
Letztes Interview mit dem verstorbenen Schriftsteller Ephraim Kishon Wiedergutmachung ist unmöglich

Stuttgart (ots) - Nur widerwillig und sehr selten hatte sich der israelische Schriftsteller Ephraim Kishon zu politischen Themen geäußert. In seinem letzten Interview vor seinem Tod in der Nacht zum Sonntag aber hatte er am Freitagabend im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten mit dieser Regel gebrochen.
Er nahm Stellung zur Israel-Reise von Bundespräsident Horst Köhler und dessen geplanten Rede vor der israelischen Knesset, zum israelisch- palästinensischen Konflikt, speziell zur umstrittenen Siedlungspolitik Ariel Scharons und zum deutsch israelischen Verhältnis nach dem Holocaust. Die Stuttgarter Nachrichten drucken das Interview in der Montagausgabe.

Sie erhalten hiermit zunächst den Wortlaut des politischen Teils des Interviews. Es folgen später weitere Zitate zu anderen Bereichen.

Herr Kishon, sollte Bundespräsident Horst Köhler anlässlich seiner Rede am 40. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel Deutsch sprechen - obgleich einige Knesset-Abgeordnete aus Protest das Parlament verlassen wollen?
Kishon: Sie stellen eine delikate Frage. Sie haben die Judenvernichtung nicht erlebt, und ich bin leben geblieben. Der Erste, der im israelischen Parlament Deutsch sprechen durfte, war Axel Springer. Niemand hat den Saal verlassen, weil Springer für seine außerordentliche Sympathie für unser Land geschätzt wurde. Heute sind nach ihm Straßen benannt, wie auch nach Oskar Schindler. Ich kann mich damit anfreunden, dass auch Horst Köhler Deutsch spricht - vor allem nachdem er beim Gedenken in Auschwitz seine tiefen Gefühle gezeigt hat. Der gute Mann sollte nicht beleidigt werden. Als Ägyptens Präsident Saddat nach zwei blutigen Kriegen mit Israel die Knesset besuchte und auf Arabisch sprach, ist auch niemand hinausgegangen.

Ist das tatsächlich vergleichbar?
Ich kann nicht sagen: Pfeift auf die, die beim Besuch Köhlers hinausgehen. Denn es könnte sein, dass sie damit ihre tiefen Gefühle ausdrücken wollen. Aber es kann auch sein, dass ein paar Idioten darauf spekulieren: Wer sich am gröbsten verhält, wer den Gast möglicherweise beschimpft, bekommt die größten Schlagzeilen. Das funktioniert in Israel so wie in Deutschland und wie überall auf der Welt. Der Präsident hat meine größte Sympathie als Mensch und als Präsident, der das brutale Benehmen der Nazis verurteilt. Auch Dschingis Khan hat Millionen Menschen massakriert. Aber er hat seinen Feinden nicht verboten, dass sie zu Hause Milch trinken oder einen Kanarienvogel halten. Die Nazis haben nicht nur die Kamine von Auschwitz befeuert.

Gilt denn dem politischen Israel die deutsche Sprache noch immer als Tätersprache?
Deutsch ist die Sprache, in der den Juden die größten Beleidigungen und Erniedrigungen widerfahren sind. Der israelische Parlamentspräsident wird den Bundespräsidenten wahrscheinlich auf Englisch begrüßen. Ich rate Herrn Köhler, eine kleine Rede auf Hebräisch vorzubereiten, in der er seinen Respekt vor der Sprache der Bibel und Jesus Christus bekundet. Dann sollte er um Verzeihung bitten, dass er in seiner Sprache fortfährt, obwohl das Deutsch die Bestialitäten der Nazis an Juden begleitet hat. So kann er eine Rede auf sehr hohem Niveau halten.

Neben der Form, der Wahl der Sprache - was möchten Sie von Köhler inhaltlich hören?
Er sollte sein Mitgefühl äußern, und er sollte um Entschuldigung dafür bitten, was dem jüdischen Volk angetan worden ist. Das ist keine leichte Rolle für ihn, denn er ist persönlich gar nicht verantwortlich, dafür ist er viel zu jung. Erlauben Sie mir eine Bemerkung: Heute sind ein Drittel der Nobelpreisträger Juden. Unter den sechs Millionen von Nazis ermordeten Juden waren die Elite des Judentums, die Einsteine. Wenn ich Deutscher wäre, würde ich dafür um Entschuldigung bitten. Denn Wiedergutmachung ist unmöglich.

David Ben Gurion und Konrad Adenauer haben vor 40 Jahren Wiedergutmachung versucht . . .
. . . viele meinen sogar, dass Israel dadurch erst in die Lage versetzt wurde, seine schrecklichen Kriege durchzuführen. Die metaphorische Änderung der deutschen Politik, die mit dem Dialog zwischen Adenauer und Ben Gurion begonnen hat, zeigt sich auch darin, dass Deutschland hinter den USA das Land ist, aus dem die meisten Besucher nach Israel reisen. Sie sind als Freunde unseres Volks zurückgekommen. Und es sind deutsche Regierungen, die Synagogen wieder aufgebaut und Denkmäler errichtet haben. Die Botschaft all dessen lautet: Nichts wird geleugnet, Israel wird nicht gehasst, sondern als Land geschätzt, in dem die Überlebenden des Holocaust leben.

Können Köhler und Scharon an Ben Gurion und Adenauer anknüpfen?
Nein. Adenauer war angefüllt mit Scham und dem guten Willen zu zeigen, dass Deutschland etwas für den jungen israelischen Staat tun kann. Ariel Scharon ist nicht ohne Gefühle, aber er ist ein großer Feldherr. Aber wie er heute in Israel agiert, hat mit Tapferkeit nicht mehr viel zu tun. Er wird sehr nett und höflich zu Horst Köhler sein. Der Bundespräsident muss vor israelischen Journalisten darauf achten, was er sagt, damit sie einzelne Aussagen nicht zerpflücken und entsprechend ausgelegen.

Stichwort Auslegen: Warum legt Scharon jede Kritik an seiner Siedlungspolitik als Antisemitismus aus?
Tatsächlich hat Ariel Scharon gesagt: Wer jüdische Siedler hasst und ankündigt, er wolle ihre Siedlungen ausradieren, der denkt antisemitisch. Diese Siedler haben sehr lebendige Regionen aufgebaut; aber es sind zu viele, als dass sie alle zurückgegeben werden können. Ich schätze Scharon dafür, dass er einen Kompromiss mit den Palästinensern finden will - schließlich hat er diese Siedlungen gebaut. Wir kämpfen nicht gegen die Palästinenser, wir kämpfen gegen die Berichterstattung über die israelische Politik. Israel lebt in einer Welt, in der Hitler und Nazi-Deutschland nur dank militärischer Überlegenheit besiegt wurden - nicht aber von innen heraus.

 

Stuttgarter Nachrichten

 

 

 

Ephraim Kishon, 1924-2005

Israels erfolgreichster Satiriker und Schriftsteller stirbt im 81.Lebensjahr
Von Samuel Laster

 

Es war Salach Shabati (Tausche Tochter gegen Wohnung) oder der Blaumilchkanal, wie auch »Pardon wir haben gewonnen« die den Schriftsteller Kishon weltberühmt machten.
Ephraim Kishon, 1924 in Budeapest als Ferenc Hoffmann
geboren, den 2. Weltkrieg überlebt, flüchtet vom Todesmarsch aus Sobibor, besucht danach die Kunstschule in Budapest, erhält den ersten seiner zahlreichen Preise als Roman- Schriftsteller 1948 in Ungarn, flüchtet 1949 mit seiner ersten Frau vor dem Kommunismus nach Israel, wird in Kibbutz Hachoresch Sanitäter und Pferdetrainer (...) 1951 zieht Kishon nach Tel Aviv, arbeitet anfangs für die ungarischsprachige Zeitung UJKELET, lernt 1952 im Ulpan ordentlich Ivrit, schreibt ab 1952 seine Kolumne in der Tageszeitung Maariv, die er drei Jahrzehnte fortführt.

Im Jahre 1953 wird sein Stück (»Sein Name ging ihm voraus«) im Nationaltheater Habima aufgeführt. Im Jahre 1963 wird
»Tausche Tochter gegen Wohnung« oder in Ivrit »Salach Shabbati« ein Welterfolg , gar für den Oskar nominiert.
»Arbinka« 1967 und der »Blaumilchkanal« festigten den Ruf Kishons als Drehbuchautor und Regiesseur. Für den »Polizisten Azulai« erhielt Kishon den Golden Globe.

Seine über 50 Bücher in Hebräisch wurden in 37 Sprachen übersetzt. Mit über 40 Millionen verkauften Büchern ist Kishon einer der erfolgreichsten seiner Zunft. Im deutschsprachigen Raum übersetzte Friedrich
Torberg Kishon kongenial. Ephraim Kishon blieb zeitlebens ein politischer Mensch, setzte sich für den Staat Israel ein und wandte sich scharf gegen seiner Ansicht nach ungerechtfertigte »Israelkritik«.

Den Karnevalspreis »wider dem Tierischen Ernst« sandte er beispielsweise zurück, weil er diesen nicht mit »Israelkritiker« Norbert Blüm teilen wollte. Kishon war in dritter Ehe verheiratet, seine »beste Ehefrau von allen« Sara starb vor wenigen Jahren. Der Träger des Israel-Preises und Nobelpreisanwärter hat der israelischen Kultur einen unvergleichlichen Stempel aufgedückt. Am Samstag Abend starb Kishon durch einen Herzinfarkt in seinem Haus in der Schweiz.

Zwei Söhne und fünf Enkel und seine österreichische Witwe Lisa betrauern den erfolgreichsten Satiriker Israels. Er wird am Dienstag in Israel bestattet.

Yehi zikhro baruch.

Die Juedische Allgemeine

 

 

 

Herzattacke

Ephraim Kishon gestorben

Der wohl erfolgreichste Satiriker der Nachkriegszeit und Holocaust-Überlebende starb im ALter von 80 Jahren in seinem Haus in der Schweizer Stadt Appenzell.

 

Der israelische Autor Ephraim Kishon ist tot. Israelische Medien berichteten in der Nacht zum Sonntag, er sei am Samstag im Alter von 80 Jahren in der Schweiz nach einer Herzattacke gestorben. Kishon galt als erfolgreichster Satiriker der Gegenwart. Sein Leichnam sollte noch am Sonntag nach Israel geflogen werden. Die Beerdigung ist in Tel Aviv geplant.

Kishon wurde am 23. August 1924 in Budapest als Ferenc Hoffmann geboren. Er schrieb mehr als 50 Bücher, die in 37 Sprachen übersetzt wurden. Die weltweite Auflage seiner Werke beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Seine »Familiengeschichten« gelten als das meistverkaufte hebräische Buch der Welt nach der Bibel.

Mit der Geschichte vom »Blaumilchkanal« schaffte Kishon in den 50er Jahren den literarischen Durchbruch in seiner Wahlheimat Israel. Seither hatte er die Lachmuskeln einer weltweiten Lesergemeinde strapaziert. Der als eher konservativ geltende Schriftsteller spießte allgemeinmenschliche Schwächen wie die Heuchelei um das Institut der Ehe sowie die grassierende Bürokratie, aber politische Themen vermied er meist.

Rätselhafter Erfolg

Der Schriftsteller arbeitete am liebsten in der Abgeschiedenheit seines zweiten Wohnsitzes im Schweizer Ort Appenzell. Kishon hat Theaterstücke verfasst und Filme gedreht. Seinen Erfolg finde er selbst rätselhaft, behauptete er nicht ohne Koketterie. Ich glaube, jemand hat mich gern da oben, fügte er hinzu. Anderenfalls hätte ich diesen Tag ja niemals erlebt.

Tatsächlich war es nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Kette von Wundern nötig, damit der ungarisch-jüdische Junge den Holocaust überleben konnte. So half ihm beispielsweise seine Schach-Begabung in einem Arbeitslager, weil der Kommandant ebenfalls ein Faible für diesen Sport hatte. Ein Großteil seiner Familie kam in den Gaskammern von Auschwitz um.

Im Mai 1949 bestieg der junge Ferenc Hoffmann, mit knapper Not den Vernichtungslagern der Nazis und dem Gulag Stalins entgangen, ein Flüchtlingsschiff nach Israel. Kurz zuvor hatte er sich den Namen Kishont zugelegt. Bei der Ankunft im Hafen von Haifa stutzte der Beamte diesen auf Kishon. Den Vornamen Ferenc ersetzte der Mann mit der lakonischen Bemerkung Gibt es nicht durch Ephraim.

Kishon empfand es als Ironie der Geschichte, dass er gerade in Deutschland so beliebt ist. Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen, hat er gesagt. Den jungen Deutschen gegenüber empfand er keinen Hass. Es gebe keine kollektive Schuld, sondern nur kollektive Schande. Mit seinem Humor habe er zur Versöhnung beitragen wollen.

Am Beispiel seiner Lieblingsgeschichten in »Beinahe die Wahrheit. Die Geschichte meiner Geschichten« gab der Satiriker Einblick in sein Schreiben und seine Inspirationen. Das 1961 in Deutschland erschienene »Drehn Sie sich um, Frau Lot!«, in dem er die Probleme nicht nur des israelischen Alltags aufspießte, wurde mit Begeisterung aufgenommen. Es folgten Bestseller wie »Kein Öl, Moses?« (1974), »Paradies neu zu vermieten« (1979) oder »Kishons beste Autofahrergeschichten« (1985).

Zu Kishons 80. Geburtstag im vergangenen Jahr erschien in seinem deutschen Verlag Langen Müller ein Sammelband mit seinen Prosaarbeiten, »Alle Romane«. Es enthält seinen ersten Roman »Mein Kamm«, mit dem er nach dem Krieg einen landesweiten ungarischen Romanwettbewerb gewonnen hatte. Es ist seine Abrechnung mit dem Nationalsozialismus und Rassismus. »Der Fuchs im Hühnerstall« (1969) erzählt die Geschichte eines Politikers, der ein Dorf umkrempeln will. Der Glückspilz (2003) ist eine Satire auf die moderne
Mediengesellschaft. Kishons liebster Arbeitsplatz: Sein Haus in Appenzell.
Foto: AP

Ich verspüre Genugtuung darüber, dass die Enkel meiner Henker in meinen Lesungen Schlange stehen.

 

Süddeutsche Zeitung

 

 

 

Der beste Satiriker von allen

Seine Bücher wurden in 37 Sprachen übersetzt, doch die meisten Fans hatte Ephraim Kishon in Deutschland.
Am Samstag ist der Schriftsteller in der Schweiz gestorben
Von Hannes Stein

 

1924 in Ungarn geboren, neugeboren 1949 in Israel. Zu viele Schulen. Zu viele Arbeitslager, so Kishons Abriß über sein Leben.

Daß er die Nazi-Zeit überlebte, verdankte er dem Schachspiel. Und das kam so: Als junger Mann wurde Ephraim Kishon (damals hieß er noch Ferenc Kishont) zusammen mit anderen jungen Männern aus Ungarn in das Arbeitslager Jolsva deportiert. Es war Ende 1944, das Dritte Reich brach an allen Fronten zusammen, aber Adolf Eichmanns Viehwaggons rasten zwecks »Endlösung der Judenfrage« immer noch unter Volldampf durch Europa. 220 Gymnasiasten wurden von ihren Bewachern, brutalen ungarischen Antisemiten, über Landstraßen gehetzt, übernachteten in Scheunen, tranken Wasser aus Dreckpfützen. Ferenc Kishont holte sich Typhus, sagte nichts davon, wankte irgendwie weiter.

Außer ihm kamen immerhin noch zwei andere lebend im Lager Jolsva in Polen an. Die Maloche dort war schwer, aber jeden Samstag war frei. Dann hingen die Häftlinge herum wie die Fliegen, und Kishont spielte mit einem Unglücksgenossen Schach.
Eines Tages hört er hinter sich eine Stimme: Das ist nicht der richtige Zug, Junge. Ferenc Kishont dreht sich um und fällt fast in Ohnmacht, denn hinter ihm hat sich Gott persönlich aufgepflanzt: der Lagerkommandant in Zivil. Er läßt sich trotzdem nicht einschüchtern und sagt: Gestatten Sie, Herr Kommandant, nach dem Buch des internationalen Großmeisters Maroczy Geza ist das sehr wohl der richtige Zug. Der Lagerkommandant widerspricht: Nicht dein Zug ist in dem Buch beschrieben, sondern ein Sprung mit dem Läufer. Kishont weiß es besser - mit Verlaub, sagt er, aber der Zug, den Herr Kommandant meinen, ist in dem Buch falsch angegeben. Im Anhang befindet sich eine Liste mit Druckfehlern, die Herr Kommandant bestimmt übersehen haben ... Der Kommandant prüft die Sache nach, Kishont hat selbstverständlich recht. Der Häftling Kishont darf also seine gelbe Binde abnehmen, wird quasi offiziell zum Schachpartner des Kommandanten befördert und spielt fortan um sein Leben, gerade so, wie Scheherezade um ihr Leben erzählt hatte: Er darf nicht zu oft gewinnen, um den Herrn über Leben und Tod nicht mißmutig zu stimmen - aber zu oft verlieren darf er auch nicht, denn dann würde jener das Interesse an ihm verlieren.

In den letzten Tagen des Krieges versteckte sich Ferenc Kishont - mittlerweile war es ihm gelungen, aus dem Lager auszubrechen - in einem Keller in Budapest. Dieser Keller lag im Niemandsland zwischen Deutschen und Russen, und es gab dort nur zwei Dinge: Kerzen und Tomatensaft. Kishont ernährte sich also von Tomatensaft - eine Folter für seinen Magen, der vom Typhus schon halb zerfressen war. Zwischendurch probierte er eine Kerze; er blieb dann beim Tomatensaft. In jenen Tagen im Keller entwarf Kishont eine schrecklich komische Satire über eine Bewegung, deren Ziel die Endlösung der Glatzkopf-Frage ist. Im Manifest der Bewegung heißt es, daß die Babys nicht zufällig kahlköpfig zur Welt kommen, schließlich hängen sie wie Drohnen faul an der Mutterbrust. Die Glatzköpfe sind unser Unglück! Die Intellektuellen finden solche Ideen diskutabel, die Jugend Europas ist begeistert. Bald werden Haar-Kommandos gegründet, die Glatzköpfe umbringen. Die Führer der Bewegung aber bereichern sich an den Gewinnen aus ihren geheimen Perücken- und Toupetfabriken. Es ist unmöglich, diese Geschichte heute ohne Schaudern zu lesen, denn eine bildliche Assoziation ergibt sich wie von selbst: die verfilzten Berge aus Menschenhaar in Auschwitz.

 

 

 

Ephraim Kishon

Der Satiriker, Dramatiker und Filmemacher hat über 50 Bücher geschrieben, die in 38 Sprachen übersetzt wurden. Die Weltauflage beträgt 43 Millionen, davon allein 32 Millionen in deutscher Sprache. Der am 23. August 1924 in Budapest als Hoffmann Ferenc geborene Kishon gewann 1940 den landesweiten Novellenwettbewerb für Mittelschüler. Er legt sein Abitur mit Auszeichnung ab, wegen der soeben eingeführten Judengesetze darf er aber kein Studium aufnehmen, sondern beginnt eine Goldschmiedelehre. Anfang 1945 gelingt ihm auf dem Weg in ein Vernichtungslager in Polen die Flucht aus dem Gefangenentransport; er taucht bis zum Kriegsende unter.

Nach dem Krieg wird er zunächst Bildhauer, entdeckte aber rasch sein schriftstellerisches Talent. Nach ersten Erfolgen mit Theaterstücken und Satiren gewinnt er mit seinem ersten Roman »Mein Kamm« den landesweiten ungarischen Romanwettbewerb. 1949 flieht er über Österreich nach Israel, wo er unter anderem als Pferdezüchter in einem Kibbuz arbeitet und schließlich der weltbekannte Satiriker Ephraim Kishon wird. Kishon ist seit vergangenem Jahr mit der österreichischen Schriftstellerin Lisa Witasek verheiratet.

 

 

 

Ein großartiger Mensch und Schriftsteller hat sich »durch den Blaumilchkanal« geschlichen

Ein bisschen sauer bin ich schon auf meinen Ephraim, der immer so leisetreterisch auftrat, dessen Literatur viel zu oft und zu Unrecht in die Schublade »Kindermärchen für Erwachsene« geschoben, gesteckt, und je nach Anlass wieder herausgezogen wurde.

Er hätte ruhig noch ein wenig länger bei uns bleiben sollen, dieser sensible Mitmensch mit dem feinen Gespür für Humor und Ironie.
Er demaskierte, ohne verletzend zu wirken.


Mein Lieblingsbuch von ihm war und wird immer sein »Der Fuchs im Hühnerstall«.
Normalerweise bin ich selten von meiner Freundin zu überzeugen, mehr Prosa statt Fachliteratur oder Biographien zu lesen, aber beim »Fuchs im Hühnerstall« erinnere ich mich immer wieder daran, wie der große Politiker mit seinem Sekretär in die Provinz hinauszog und das Leben eigentlich ganz neu kennen lernen wollte.
Und was passierte: Seine ihm antrainierten politischen Handlungsweisen übertrugen sich auf ein Dorf, das bis dahin von Politik noch überhaupt nichts gehört hatte. Er wollte loslassen, gleichzeitig drückte er aber dem Dorf und seinen von Kishon wunderbar individuell geschilderten Bewohnern so nach und nach seine Beamtenmentalität auf, ohne es zu wollen. Eigentlich wollte er sich mit seinem Sekretär ja nur erholen. Seine unbeabsichtigt verbreiteten, aber doch sehr wirkungsvollen Lautmalereien, geprägt aus dem hauptstädtischen Leben, mussten von Hummeln von Blüte zu Blüte verbreitet worden sein.
Das Dorf wurde politisch.
Das Gezänk fing an.
Die Moral von der Geschicht, ganz modern gedacht als Bayer:
Lasst uns unsere Naturregionen, unsere Wälder, unsere Berge, und funkt`s uns nicht dazwischen, Ihr in Brüssel!

 

Bernd in Amerikanski.de

 

 

 

Hamburger Abendblatt

Tel Aviv - Hunderte von Trauergästen haben den weltberühmten israelischen Schriftsteller Ephraim Kishon gestern in Tel Aviv zur letzten Ruhestätte geleitet. Im Beisein seiner drei Kinder und seiner österreichischen Ehefrau, der Autorin Lisa Witasek, wurde Kishon am Nachmittag auf dem Trumpeldor-Friedhof im Stadtzentrum beigesetzt - an der Seite seiner 2002 verstorbenen Ehefrau Sara (»Die beste Ehefrau der Welt«). Der Bestsellerautor, der für ein Millionenpublikum schrieb, war am Sonnabend im Alter von 80 Jahren in der Schweiz an einem Herzinfarkt gestorben.

Gestern vormittag war der in eine israelische Flagge gehüllte und mit Blumen geschmückte Sarg ins Journalistenhaus Bet Sokolov in Tel Aviv gebracht worden. Mehrere israelische Politiker, darunter die Bildungsministerin Limor Livnat, sowie Künstler und alte Freunde bezeugten den Angehörigen ihr Beileid. »Im Herzen der Stadt, die er liebte« sei der Erfolgsautor begraben worden, sagte sein ältester Sohn Rafi (48).

Der Grabstein wird 30 Tage nach der Beisetzung aufgestellt. dpa